David Lynchs Mulholland Drive

Moderne Literatur heißt: Kino, Theater und Oper nicht vergessen. Welcher Film ist sehenswert? Welche Inszenierung gelungen?
Chialandra
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David Lynchs Mulholland Drive

Beitragvon Chialandra » 08.12.2003, 12:57

Eine unbekannte Frau überlebt einen Autounfall, verliert dabei jedoch ihr Gedächtnis. Sie flüchtet sich in eine Wohnung, deren Tür offen ist und trifft dort auf die naive, träumende Betty. Anfangs nennt sie sich Rita um das Ganze nicht auffliegen zu lassen. Als die beiden dann aber in Ritas Tasche einen Haufen Geld un einen blauen Schlüssel finden muss Rita sagen dass sie keine Ahnung hat wer sie ist, warum sie das Geld und den Schlüssel besitzt etc.. Zusammen machen die beiden sich auf die Suche nach Ritas eigentlichem Namen und ihrer Vergangenheit, gleichzeitig sucht Betty ihre Zukunft in der Filmbranche.
Dem Regisseur Adam wird sein Projekt weggenommen, weil er sich die Besetzung für seinen Film selbst aussuchen möchte, und seine Freundin geht ihm fremd. Er soll sich aber mit dem "Cowboy" treffen, dessen Rolle es zu sein scheint seltsame Sinnfragen zu stellen, nur um gleich wieder zu verschwinden. Rita und Betty finden während ihrer Suche eine Tote, kommen sich dabei immer näher und am "Ende" sitzen sie in einem Theater, wo Betty dann plötzlich die blaue Box aus ihrer Handtasche holt deren Schlüssel noch immer Rita hat. Hier erwartet jeder des Rätsels Lösung, alles was jedoch kommt ist schwärze und danach eine neue Story, mit den gleichen Darstellern die aber andere Namen tragen. So ist Betty jetzt zum Beispiel Diane, und Rita nennt sich Camilla.. Adam ist noch immer Regisseur.
Diane und Camilla haben ein Verhältnis miteinander, und Camilla lädt schließlich Diane zu einer Party ein, bei der sie bekannt gibt dass sie Adam heiraten wird..

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Ich habe zuvor noch keinen Lynch Film gesehen, und alles was ich mit Sicherheit nach dem Film sagen konnte war, dass ich verwirrt bin. Da ist diese Tanzszene am Anfang, ein rotes Bettlaken und plötzlich das Auto, welches über den Mulholland Drive fährt. Zunächst dachte ich, mein Fernseher wäre zu leise, aber wenn kaum gesprochen wird nutzt auch die volle Lautstärke nicht viel um nicht gesprochenes zu hören.
Dann ist da dieser Abriss mitten im Film, nach dem Betty dann plötzlich Diane heißt und Rita sich Camilla nennt.. und eine ganz andere Geschichte anfängt.

Mittlerweile glaube ich fast des Rätsels Lösung zu haben, und die verschiedenen Bilder in einer stimmigen Reihenfolge zusammensetzen zu können, samt deren Bedeutung.. eine Verstrickung von Traum und Realität, von Wunschdenken und Ängsten.. allerdings bleiben noch immer Fragen offen.
Woher kommt plötzlich die kleine blaue Box, Und welche Rolle spielt der "Penner" hinter dem Imbiß. Was hat Silencio mit dem ganzen zu tun? Und weshalb kommen die beiden alten Leute als Miniaturausgabe aus einer braunen Tüte gelaufen?

Für diejenigen, die den Film nicht gesehen haben werden die Fragen auch nach der kleinen Beschreibung von mir noch überhaupt keinen Sinn ergeben, aber ich sehe mich selbst kaum in der Lage den Film als ganzes zu reproduzieren
Mich würde interessieren ob ihr den Film gesehen habt, und vielleicht selbst etwas damit anfangen könnt. Deshalb lasse ich meine Ideen erst mal aussen vor.

Marina :-)
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Re: David Lynchs Mulholland Drive

Beitragvon razorback » 08.12.2003, 14:40

Hi Chialandra!

Ich habe Mullholland Drive gesehen und hatte das typische David Lynch Gefühl, bestehend aus drei Empfindungen:

1.) Toll, berauschend!
2.) Versteh' ich nicht...
3.) Muss ich nochmal sehen, denn er ist toll und berauschend und ich verstehe ihn vielleicht beim zweiten Mal.

Genauso ging es mir mit "Lost Highway" und letztlich auch mit der "Twin Peaks" Serie und "Blue Velvet", auch wenn hier Erklärungen zumindest angeboten wurde.

Ich finde es mutig, dass Du Dich überhaupt an eine Inhaltsangabe heranwagst, ich hätte mich das nicht getraut. Für mich ist an diesen Lynch Filmen das Faszinierende (abgesehen von der tollen und berauschenden :-D Bildsprache), dass ich eine Handlung verfolge, die an sich Szene für Szene völlig klar ist, dass ich aber die Bedeutung dieser Szenen letztlich nicht begreife - obwohl ich permanent vermute, dass es eine Auflösung für das Rätsel gibt. Es ist wie bei manchen Geisteskrankheiten - ich (äh - also - der Kranke, nicht eigentlich ich ;-) ) habe völlig klare, meist eindeutige Sinneseindrücke, die ich aber letztlich in keinen vernünftigen Zusammenhang bringen kann. Erinnert an die Art, wie Paul Auster zuweilen schreibt - rätselhaft, nicht in Form einer billigen Täuschung, sondern in dem er vermittelt, dass hinter dem scheinbaren Rätsel eine Sicht der Realität steckt, die es wert ist, erschlossen zu werden.

Bei Mullholland Drive bin ich bisher noch nicht dazu gekommen, ihn mir ein zweites Mal anzusehen, also kann ich noch nicht mit Interprätationsansätzen dienen - ausser vielleicht, dass es grundsätzlich erstmal um die Brüchigkeit unseres Konzeptes von Realität geht. Vielleicht verstehe ich mehr, nach dem zweiten Ansehen.

Die Hoffnung hatte ich bei "Lost Highway" auch, hahahahaha :-D :-D :-D

Bis dahin danke ich Dir jedenfalls, dass Du den Film hier zur Diskussion gestellt hast. Vielleicht haben die anderen ja einen tieferen Blick als ich. ich hoffe darauf und bin gespannt!
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Re: David Lynchs Mulholland Drive

Beitragvon Hamburger » 08.12.2003, 16:25

Hallo ihr Beiden!

Na hervorragend - jetzt ist es schon eine halbe Ewigkeit her dass ich mir den Film angesehen und ein zweites Mal angesehen habe und jetzt wird er ins Forum gestellt.
Besser spät als nie, kann man da nur
sagen.
Chialandra, du schriebst, du hättest schon ungefähr eine Vorstellung davon, worum es geht und benutztest die Begriffe "Traum" und "Realität".
Da ich mich ausserstande sehe hier den ganzen Film im Rückblick noch einmal detailiert zu interpretieren (dazu müsste ich ihn wirklich noch ein drittes Mal sehen, auch wenn einiges hängen blieb) schreibe ich jetzt einfach mal meine grossen und kleinen Interpretationsansätze auf. Es mögen auch Banalitäten darunter sein, Dinge, die ihr schon längst erkannt habt. Seid mir darüber dann nicht böse.

Dieser Film ist mit den einfachen Begriffen "Realität" und "Fiktion" kaum zu greifen. Dennoch erscheint es mir möglich seine Handlung zunächst grob zu interpretieren (anhand einer Inhaltsangabe), wenn man zwei Grundvorraussetzungen macht:

1. Betty (Diane) kommt tatsächlich nach Hollywood um dort Schauspielerin zu werden. Dieser Traum wird bitter enttäuscht.

2. Rita (Camilla) hat den Erfolg in Hollywood und spielt mit Betty, deren Naivität sie durchschaut hat.

(Die Namen werde ich synonym verwenden, immer auf den jeweiligen Teil passend)

Davon gehen wir jetzt mal aus. Auf dieser Grundlage behaupte ich. Der erste Teil des Films ist die im Traum wesentlich geschönte Fassung dessen, was tatsächlich passierte. Es ist Bettys Wunschtraum. Das sieht man an dem Verhältnis der beiden Frauen zueinander. Betty kann fürsorglich sein, mütterlich. Durch Rita`s Gedächtnisverlust hat sie eine starke Position. Eine Schlüsselszene ist es dann, als die beiden Frauen das eklig stinkende Zimmer aufsuchen, in welchem sich Betty selbst tot im Bett liegen sieht. Der Cowboy kommt kurze Zeit später herein und sagt: "Es ist jetzt Zeit aufzustehen". In der nächsten Einstellung wacht Betty, die nun Diane heisst, unter genau demselben roten Bettlacken auf der Couch auf, das schon am Anfang eingeblendet war.

Was nun folgt, ist zwar die Realität, es ist das, was wirklich passiert, allerdings durchsetzt mit Dianes Traum-, und Wahnvorstellungen. Sie verfällt zusehends diesen Vorstellungen. Camilla (einiges spricht dafür, dass diese zu diesem Zeitpunkt bereits tot ist, denn Diane hat einen Auftragskiller beauftragt, und zwar zeitlich vorher) erscheint ihr, verführt sie und spielt mit ihr. Doch bevor Camilla erscheint, erscheint die Nachbarin und sagt: "Sie suchen dich." Auch dies ist ein Hinweis darauf, dass Camilla bereits tot ist. Mit der Realität steht Betty ab nun fortwährend auf Kriegsfuss. Ihr Traum, Schauspierlin zu werden ist gescheitert und sie hat Camilla ermorden lassen. Ein Ausdruck dieser Wahnvorstellungen sind auch die beiden alten Leute, die nacher aus der braunen Tüte laufen. Auch das sind Diane`s Wahnvorstellungen. Die ganze Welt lacht über sie, selbst das alte Müttlein und der alte Opa. Am Schluss hört man einen Schuss. Dieser weist auf Diane`s Selbstmord hin. deshalb herrscht am Schluss auch "Silencio" - Stille.

2) Viele Kleinigkeiten am Film sind interessant und bedenkenswert. Die These, dass der erste Teil nur ein Traum ist, lässt sich beispielsweise durch die Beobachtung stützen, dass die grosse Rita durch ihren Gedächtnisverlust auch geographisch gesehen auf die Ebene reduziert wird. Sie wohnt nicht mehr (wie Camilla im zeiten Teil) in einer Residenz auf einem Hügel am Mullholland Drive, sondern im selben Haus wie Betty. Und dadurch, dass sie nicht mehr weiss wer sie ist hat sie die Macht, die sie über Betty hatte, verloren, die nun noch einmal träumt wie es hätte seien können, bis auch der Traum in der schrecklichen Realität mündet, so wie wir jeden Morgen aufwachen und wissen in einer anderen Welt gewesen zu sein (allerdings nicht immer in einer Wunschwelt)

3) Nicht vergessen werden darf: Dieser Film ist quasi nebenbei noch ein köstlicher Abgesang auf Hollywoods Filmbranche. Betty wird bitter enttäuscht, der Regisseur Adam bekommt vorgeschrieben wen er auszuwählen hat - und zwar von lächerlich eitlen Produzenten. Das Vamp-Gehabe Camilla`s triumphiert über das naive Talent Diane`s und die lächerlichste
Szene ist die, als Betty mit dem alternden Playboy-Schauspieler eine Liebesszene wieder und wieder spielen muss. Leicht geht das unter, da der Film es versteht eine düstere Atmosphäre zu schaffen und einen durch psychologischen Grusel in seinen Bann zu ziehen. Dass auch der Auftragskiller sich dermaßen lächerlich anstellt bei einem seiner gefilmten Versuche seinem Job
nachzugehen, ist auch noch zu erwähnen. Sowie überhaupt alle Nebenfiguren überzeichnet, grotesk oder lächerlich wirken - ohne dass man sich vor Lachen auf die Schenkel schlägt.

4) Zur blauen Box und zum Penner hinter dem Imbiss fällt mir nicht viel ein, da ist die Erinnerung schon zu weit verblichen. Zu Letzterem kann ich noch weit herholen, dass er vielleicht ebenfalls den Wahn Diane`s symbolisiert. Immerhin lauert er zunächst hinter einer gefährlichen Ecke (allerdings nicht auf sie, was meine Behauptung abschwächt - er muss also eine allgemeinere Funktion haben) und lässt zum Schluss die kleinen Leute aus der Tüte, damit sie unter der Tür durchkriechen.

5) Interessant ist auch, dass Bettys Traum ihren eigenen Tod vorwegnimmt, indem sie sich ja tot im Bett einer billigen Absteige liegen sieht. Ferner führt der Weg von Rita und Betty somit zur toten Betty. Des Rätsels Lösung, wer denn Rita ist, ist die tote Betty. Dies ist ein starkes Sinnbild ("über Leichen gehen" - diese drei Wörter drängen sich da gleich auf)
Rita empfindet hier Trauer, sieht die tote Freundin und schreit in die Kamera. Auch dies ist eine von Betty erhoffte Wunschreaktion, die so niemals stattfinden wird. Rita wird an Betty`s Tod ihren Anteil haben (ihn aber nicht bedauern) und durch Betty Auftrag selbst sterben - aber das weiß der Zuschauer zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Es gäbe noch vieles zu interpretieren, wie das Kabinett oder die Rolle und zeitliche Abfolge der Telefonanrufe, aber da bin ich jetzt wie gesagt nicht mehr so ganz drin. Dieser Film verliert jedenfalls seine Anziehungskraft auch beim zweiten Sehen nicht, aber der Grusel lässt gewaltig nach. Gerade bei dem, was ich psychologischen Grusel nennen würde, also bei Gesichtsverrenkungen (die beiden alten Leute am Anfang im Wagen: herrlich teuflisch!) oder bei immer wieder auftauchenden Mustern, wo mal ein Monster hinter der Ecke auftaucht und mal gar nichts passiert, lässt die Wirkung beim zweten Mal nach. Aber als ich das zweite Mal im Kino saß, habe ich, wie ich mich noch genau erinnere, die Leute neben mir beobachtet und daraus meinen Grusel bezogen. Die Angst, wenn die blaue Box geöffnet wird oder sich die Gesichter des alten Paares zu Fratzen verzerrten, war den Menschen ins Gesicht geschrieben - eine wirklich furchtsame Erfahrung.

Insgesamt ein phantastischer Film, an dem ich keine Schwächen gesehen habe. Diskutieren wir doch noch ein bisschen, dan erinnere ich mich vielleicht auch noch an Weiteres.

Würde mich drauf freuen.

MFG,

Hamburger
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Re: David Lynchs Mulholland Drive

Beitragvon Spiderman » 09.12.2003, 16:28

Ich glaube, zu Mulholland Drive kann ich ein paar Sätze sagen. Es ist mein Lieblingsfilm, ich habe ihn acht Mal gesehen (4x im Kino, 4x auf DVD) und ich werde ihn mir bald ein 9. Mal angucken.

Was mich neben der von razorback schon gelobten Bildersprache fasziniert, ist die Art und Struktur, mit denen hier eine Geschichte erzählt wird. Ich gebe zu, der Film ist gerade beim ersten Mal Sehen verwirrend. Trotzdem behaupte ich, dass der Film eigentlich sehr sehr klar ist, und dass eigentlich keine Vermischung von Traum und Realität stattfindet. Sie sind anfangs nur schwer voneinander zu unterscheiden. Im Wesentlichen stimme ich mit Hamburgers Interpretation überein.

Eigentlich ist die Geschichte ganz einfach: Diane kommt nach Los Angeles, um den Traum einer Schauspielkarriere zu verwirklichen. Auf einem Casting lernt sie Camilla kennen, in die sie sich verliebt. Beide beginnen eine lesbische Beziehung. Während Diane sich mit Nebenrollen durchschlägt, in Hollywood erfolglos bleibt, macht der angesagte Regisseur Adam Camilla zu seinem Star. Camilla löst sich von Diane, demütigt sie und gibt ihre Verlobung mit Adam bekannt. Aus Rache engagiert Diane einen Auftragskiller, der Camilla ermordet. Voller Schuldgefühle und Angst, entdeckt zu werden, begeht Diane Selbstmord.

Im Film lassen sich drei Ebenen unterscheiden: Traum, Vergangenheit und Gegenwart.

Der gesamte erste Teil des Films ist eine durchgängige Traumsequenz, deren Anfang und Ende klar markiert sind. Anfang: die Kamera (Ich-Perspektive Diane) sinkt auf das Kopfkissen. Ende: Klingeln und der Cowboy sagt, dass es Zeit zum Aufstehen sei. Während dieses Teiles gibt es immer wieder Hinweise darauf, dass es sich um einen Traum handelt. Z.B: Diane sagt als Betty sinngemäß "Ich kann es kaum glauben, in dieser Traumstadt gelandet zu sein!" Gegen Ende des Traumes thematisiert der Traum selbst das Traum-Thema. "Wir hören Musik, aber es gibt keine Band... alles ist nur eine Illusion etc." heißt es in dem Theater, in dem Musiker auftreten, die gar nicht wirklich spielen. Trotzdem ist Musik zu hören. In dem Zusammenhang kann die Theaterbühne als Bühne des Bewußtseins verstanden werden.

Was in diesem Traum passiert stellt tatsächlich eine Wunschphantasie von Diane dar (siehe Posting von Hamburger). Dabei werden realen Personen andere Rollen zugewiesen. Diane selbst nimmt den Namen einer Bedienung in einem Hamburger-Restaurant (Betty) an.

Als Diane aufwacht, sieht sie sich mit einer grausamen Realität konfrontiert. Sie hat Camilla ermorden lassen. Das erkennen wir daran, dass der blaue Schlüssel auf dem Glastisch liegt (der Auftragskiller verabredet mit Diane den Schlüssel als Zeichen). Der Rest des Filmes zeigt die letzte(n) Stunde(n) von Diane.

Parallel zeigt der Film in Rückblenden die "wahre" Grschichte von Diane und Camilla. Wenn es sich um Vergangenheit handelt, können wir das an Details erkennen: der blaue Schlüssel liegt nicht auf dem Tisch und An-/Abwesenheit des Aschenbechers.

Nachdem ich diese drei Ebenen auseinanderhalten konnte, sah ich ich den Film viel viel klarer. Trotzdem bleiben viele Seltsamkeiten übrig.

* Die komische Frau, die Silencio sagt. Könnte so was wie das Über-Ich darstellen. Sitzt ganz ganz oben. Das schlechte Gewissen, das den Suizid einfordert.

* Telefonketten, die Telefonbücher, die die Welt erklären: könnte sich auf die Machtverhältnisse und Abhängigkeiten in Hollywood beziehen. Besitz einer Telefonnummer ist mit Macht gleichzusetzen.

* Die blaue Schachtel: "Was schließt der Schlüssel eigentlich auf?" fragt Diane den Auftragskiller. Im Traum gibt sich Diane die Antwort: eine blaue Schachtel. Das Aufschließen der blauen Schachtel bedeutet Tod.

* Das grauenhafte Gesicht hinter der Ecke: ist wohl im Zusammenhang mit der blauen Schachtel zu sehen. Verknüpfung: Schachtel = Tod = Angst.

So viel zu meiner Interpretation.


Spidey
Die nette Lyrik-Spinne von nebenan!

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Re: David Lynchs Mulholland Drive

Beitragvon Chialandra » 09.12.2003, 20:39

Tjaa.. im großen und ganzen wurde dann auch schon alles gesagt was ich selbst sagen könnte. Ich danke euch allen ;-)

Marina
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Re: David Lynchs Mulholland Drive

Beitragvon cute sushi lunches » 09.12.2003, 21:26

Ich finde,die neueren David Lynch Filme sind immer so eine Sache.Ich habe Lost Highway jetzt bestimmt fünf Mal gesehen, und trotzdem ist mir alles kein bisschen klarer.Ich glaube,David Lynch hat selber einmal gesagt,dass es für seine Filme keine Auflösung gibt.
Wie bei Lost Highway werden bei Mulholland Drive Traum und Realität,sowie die Zeitebnen für meine Begriffe recht wahllos vermischt.Am Ende weiß man doch nur das eine:Alles ist unklar.Ist alles,was man nicht entschlüsseln kann,Wahnvorstellung?
Ich habe viele plausible Interpretationen gelesen,die aber alle recht vage klangen.
Wie es hier schon gesagt wurde:Die Szenen an sich sind großartig,geben aber insgesamt einfach keinen Sinn.
Das Beste an Mulholland Drive ist für meine Begriffe die Theaterszene.Jetzt mal abgesehen von der Atmosphäre ist dies genau das,was Betty die ganze Zeit zu erleben scheint:Vollkommenheit,Illusion, Enttäuschung und Scham.

Ich fände es besser,wenn David Lynch mal wieder einen etwas vernünftigeren Film als irgendwas mit fröhlichem Rätselraten machen würde.Für meine Begriffe ist Blue Velvet das Beste,was er gemacht hat,jedenfalls von dem,was ich von ihm kenne.

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Re: David Lynchs Mulholland Drive

Beitragvon Hamburger » 10.12.2003, 01:18

Hallo zusammen!

Tjaa.. im großen und ganzen wurde dann auch schon alles gesagt was ich selbst sagen könnte. Ich danke euch allen


Wir haben dir also nicht helfen können. Du wusstest alles vorher schon und hättest es genauso gesehen und geschrieben, hättest du an unserer Statt interpretiert. Da haben wir dich ja bestätigen können, Chia.
Aber nächstes Mal stellst du dann keine Fragen mehr, nach dessen Beantwortung du behauptest "das hab ich ja auch schon gedacht", okay ;-)


@CS: Da kann ich nun wirklich nur widersprechen. Eigentlich allem was du schreibst. Ich kenne nicht viel von Lynch, finde den Film aber sehr gut. Diese Meinung musst du nicht teilen, aber...

Ich finde,die neueren David Lynch Filme sind immer so eine Sache.Ich habe Lost Highway jetzt bestimmt fünf Mal gesehen, und trotzdem ist mir alles kein bisschen klarer.Ich glaube,David Lynch hat selber einmal gesagt,dass es für seine Filme keine Auflösung gibt.
Wie bei Lost Highway werden bei Mulholland Drive Traum und Realität,sowie die Zeitebnen für meine Begriffe recht wahllos vermischt.Am Ende weiß man doch nur das eine:Alles ist unklar.Ist alles,was man nicht entschlüsseln kann,Wahnvorstellung?
Ich habe viele plausible Interpretationen gelesen,die aber alle recht vage klangen.
Wie es hier schon gesagt wurde:Die Szenen an sich sind großartig,geben aber insgesamt einfach keinen Sinn.


... zum Beispiel dieser Absatz deinerseits ist mir komplett unverständlich. Ich habe nach dem Film mehrere Interviews mit Lynch gelesen. Er hat niemals gesagt, es gäbe für seine Filme einfach keine Auflösung. (zumindest im von mir gelesenen Pressespiegel nicht)
Er sagte, er liefere keine Auflösungen und freue sich, dass seine Filme immer ein Stück unergründlich blieben.


Außerdem möchte ich Spidermans Interpretation hier mal loben.
Sie ist keinesfalls vage, sondern sehr kompakt und detailiert. Das lässt sich an vielen Stellen nachweisen. Sie ist plausibel und macht deutlich, dass weder Zeitebenen wahllos vermischt werden noch dass am Schluss alles unklar ist. Man kann diese Interpretation ablehnen und eine eigene aufstellen, aber "vage" finde ich sie auf keinen Fall. Ich halte das für ein sehr undifferenziertes Urteil.

MFG,

Hamburger

P.S.: Ich meine das nicht böse, finde es aber doch merkwürdig, wenn sich jemand die Mühe macht so zu interpretieren wie er, Demjenigen dann so eine Antwort zu erteilen.
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Re: David Lynchs Mulholland Drive

Beitragvon Chialandra » 10.12.2003, 13:36

Wir haben dir also nicht helfen können...
Aber nächstes Mal stellst du dann keine Fragen mehr, nach dessen Beantwortung du behauptest "das hab ich ja auch schon gedacht", okay


Nein, das hast du nun falsch verstanden, oder ich habe mich da falsch ausgedrückt.. mein Satz war auf die Reihenfolge, auf das abwechseln von Traum, Realität, Vergangenheit und Gegenwart bezogen.

Die Sache mit den alten Leuten ist mir jetzt etwas klarer.. ich hab mir auch den Film nochmal angesehen, und die beiden sieht man am Anfang bei der Tanzszene ja auch.. ich hatte mir gedacht dass das vielleicht ihre Eltern symbolisieren soll, und somit auch ihr schlechtes Gewissen (am ende die Szene)

Oder der Kerl hinter dem Imbiss. auf den konnte ich mir kaum einen Reim machen, hab aber ja jetzt einen Interpretationsansatz der mir selbst gefällt, und der auch ins Bild passt.

Zu der blauen Box hatte ich nach dem zweiten mal sehen noch gedacht sie symbolisiert das Aufwachen, was zwar sein könnte, aber dass sie den Tod symbolisiert passt eben noch besser.

Es ist also keinesfalls so dass ich alles gewusst habe und mit meinen Fragen nur jemanden dazu bringen wollte dass er sich einen abmüht hier. Und alles andere, was ich hätte sagen können zum Anfang wurde schon gesagt..

Bis auf die Sache mit dem Cowboy.. aber zu dem fällt mir auch nichts ein.. er sagt ja dass eines Mannes Einstellung wesentlich dazu beiträgt wie sein Leben später wird, fragt dann Adam ob er das genauso sieht, und als dieser mit ja antwortet.. meint der Cowboy, dass er ein Mensch sein müsste dem nichts an einem schönen Leben liegt, und bittet ihn einen Moment inne zu halten und darüber nachzudenken. Vielleicht stellt das ihre Zweifel da, auch einen Teil ihres Gewissens.. und vielleicht hat das auch etwas mit Silencio zu tun, aber da bin ich mir nicht sicher..

und zu der zeitlichen Reihenfolge und dem Sinn als ganzes @ Cute, ich glaube so ist sie passend..:

  • Camilla und James sitzen Im Auto, beim Set und küssen sich, Diane schaut zu
  • Camilla und Diane "schmusen" auf der Couch, aber Camilla will das ganze beenden
  • Camilla lädt Diane ein, zu der Party, wo auch bekannt gegeben wird dass sie und Adam heiraten wollen
  • Diane trifft sich mit dem Auftragskiller
  • ich glaube jetzt kommt die Traumszene, die ersten zwei drittel des Films
  • die eine Frau holt bei Diane ihre Sachen ab, Geschirr und Aschenbecher
  • Dianes Selbstmord

Ich bin mir nicht sicher ob es alles so stimmt, aber so ungefähr müsste es aussehen wenn man in dem Film die Zeitabläufe nicht durcheinander gebracht hätte. Und dann ergibt das ganze schon einen Sinn ;-)


Marina
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