An einem jener grauen Februarmorgen, die weder Sonnen- noch sonstiges Licht für die Einsamen dieses Planeten bereitstellen (vor allem, wenn der Valentinstag unmittelbar bevorsteht), trifft der von Neurosen geschüttelte, jeglichem Herzensglück abholde Joel (Carrey) in der Bahn auf die manisch-hyperaktive, knallbunthaarige Clementine (Kate Winslet). Wie es scheint, ist dies eine zufälliges Begegnung - und doch breitet sich eine seltsame Magie (und zugleich Widerspenstigkeit) zwischen den beiden Sonderlingen aus, die sie den Abend miteinander verbringen läßt. Was beide nicht (mehr) wissen: Im Anschluß an ihre gemeinsam durchlebte Beziehungskatastrophe hat sich zuerst Clementine und danach - aus lauter Gram darüber - auch Joel einer professionellen Gehirnwäsche, die die unliebsame Vergangenheit auszuradieren vermag, bei einer ominösen Firma namens Lacuna, Inc. unterzogen. (Evolver)
Eternal Sunshine of the Spotless Mind ist einer jener Filme, die mich nach dem Verlassen des Kinosaals erst mal eine Stunde sprachlos sein lassen, weil jeder Small Talk plötzlich so schal wirkt. Wehe, jemand spricht mich an um zu fragen wie mir der Film gefallen hat...
Viel schöner war es, dann eine lange Zeit am dunklen Ufer der Donau zu sitzen, ein-zwei-drei Zigaretten zu rauchen ... aufs Wasser zu starren... bis alles wieder -langsam - anlief in mir...
Der Plot ist zunächst verwirrend, wie das die Drehbücher des grandiosen Charlie Kaufmann eben so an sich haben. ABER: wie auch in z.B. Being John Malkovich fügt sich das zunächst absurde in ein für zwei Stunden gültiges Logiksystem. Plötzlich ist alles so schön nachvollziehbar und das anfängliche Taumeln zwischen den (Erzähl-)Ebenen wird obsolet.
Der für die Regie verantwortlich zeichnende Michel Gondry - neben Spike Jonze und Chris Cunningham einer der profiliertesten Musikvideoregisseure - vermeidet dabei somit trotzdem
jede Überwältigungsstrategie. Im Gegenteil: Wie schon in seinen Videos für Björk, die Foo Fighters oder The White Stripes wirken die Effekte auch deshalb so poetisch, weil sie wie handgemacht, im Vergleich zu digitalem Protzwerk fast ein wenig schäbig erscheinen. (Der Standard)
Die ausgezeichnete schauspielerischen Leistungen tun das ihre dazu – Jim Carrey in der un-Jim-Carrey-haftesten aller Rollen die ich von ihm kenne - und wow, der Typ kann ja auch schüchtern und süß sein! Kate Winslet übernimmt dafür den Part des Clowns und Grimassenschneiders, lässt dahinter aber auch die verletzbare unsichere Frau durchscheinen - zum Beispiel in dieser berührenden Szene unter der Bettdecke der beiden Protagonisten, als Clem Joel fragt, ob sie hübsch sei...
Super Nebenrollenbesetzung (Tom Wilkinson – z.B. bekannt aus „The Full Monty“, Eliah Wood – als Milchbubi, der die Gunst der Stunde nützt... Kirsten Dunst, die schöne Kirsten, mal nicht hoch ästhetisiert wie in „Virgin Suicides“, sondern ... ach naja – schaut’s euch selber an...)
Was mich aber besonders berührt hat, ist das Thema. Erinnern oder Nicht-Erinnern? Das ist hier die Frage. Und Fragen wie z.B. „Gibt es eine zweite Chance? Könnten Mann und Frau noch mal von vorn anfangen, wenn man die Zeit zurückdrehen könnte...? Sind manche von uns füreinander bestimmt, wider jede Wirrnis des Schicksals? Ist die Liebe Kopf- oder vielmehr Bauch- und Herzensangelegenheit? Gibt es dieses “crazy little thing called love” überhaupt??
Diesen avancierten Gedankenspielen nähert sich das Gespann Gondry-Kaufman in unnachahmlich vertrackter Manier mittels Zeitschleifen sowie wilden Orts- und Gedankensprüngen gewohnt nonlinear und elliptisch. Dabei ist es schon hochgradig faszinierend, mit welch teils klassischen Stilmitteln (was für ein fabelhaftes Set-Design!) das Team um Gondry und Kamerafrau Ellen Kuras fernab öden CGI-Zaubers die wunderlichsten und wunderbarsten (Gedanken-)Welten kreiert, in denen sich ein unfaßbar guter Jim Carrey (der eben zum ersten Mal nicht sich selbst spielt, sondern hundertprozentig in der Rolle aufgeht) auf die Suche nach der Liebe, ihrem Verschwinden und dem Wiederfinden macht. Um schließlich zur Erkenntnis zu gelangen, daß manche Dinge im Leben eben unvergeßlich sind. Genauso wie dieses Meisterwerk. (Evolver)
Joel und Clementine verkörpern nicht das perfekte Paar, sondern eins, das sich nach steigender Frustration getrennt hat, im Affekt irgendwie einerseits (die bösen Folgen -> Gedächtniswäscherei... ) – andererseits aber reflektieren sie völlig klar darüber, dass eigentlich nur mehr Langeweile in ihrer Beziehung war. Als die beiden am Ende des Films am Beginn ihrer zweiten Chance stehen, habe ich diese nicht unbedingt als romantisierte Chance, als die große Liebe wahrgenommen. Und die beiden wohl auch nicht, denn Joel meint irgendwo ein bisschen resignativ auf die – nicht allzu rosigen Aussichten – so was auf die Art wie „So what?“
Es ist wohl zu vermuten, dass die beiden irgendwann wieder an dem Punkt landen werden, an dem sie ihre Erinnerungen am liebsten zum Teufel wünschen würden... und -
So What?
Wenn es davor so was wie Miteinander-auf-einem-zugefrorenen-Fluß-Liegen-und-in-die-Sterne-Schauen gibt...?!
Eternal Sunshine of the Spotless Mind macht Lust, den Alltag so zu nehmen, wie er ist: unspektakulär, langweilig und auch oft frustrierend. WEIL es eben auch die anderen Momente gibt, gegeben hat und immer wieder mal geben wird: die unvergleichlichen, die zum Atem-Anhalten und Purzelbaum-Schlagen.
Und der Film ist ein Plädoyer dafür, die Erinnerungen - und dazu zählen auch die Herz-aus-dem-Leib-reißen-wollen-Momente! - hoch zu halten, weil wir letztlich nichts sind ohne sie. Und weil sie alles uns zu dem gemacht haben, was wir heute sind. Ein wir blieben als Krüppel zurück ohne sie.
Wer Angst hat, in ein kitschiges Feelgood-Movie zu taumeln, dem sei Entwarnung gegeben. Das haben die Mitwirkenden nicht notwendig.
Das einzige, was wirklich Weh tut an diesem cineastischen Höhepunkt 2004 ist: der deutsche Titel (Vergiß mein nicht). Der englische Originaltitel, der sich aus einem Gedicht Alexander Popes herleitet ("The world forgetting, by the world forgot: Eternal sunshine of the spotless mind! Each prayer accepted and each wish resigned") wurde da echt vergewaltigt!
Großes Kino, das unter die Haut geht, in den Gehirnwindungen Hochschaubahn fährt und dich heftig durchgewirbelt aus dem Dunklen entlässt! Nicht zuletzt wegen der schönen Abspann-Nummer von Beck.
"Eternal Sunshine" ist ein absoluter, weil sehr rarer Glücksfall von Film, wie man ihn nur alle paar Jahre findet, einer aus der Kategorie, die einen packt und für Tage und Wochen nicht mehr los-, sondern mit einem Gefühl der positiven Benommenheit und schieren emotionalen Überwältigung zurückläßt. (Evolver)
FAZIT: Anschauen! Nochmal Anschauen! Immer wieder Anschauen!!!