Würdest du Jules Verne als einen Asimov-Vorgänger im weitesten Sinn bezeichnen?
Ja, schon, aber Asimov geht doch weiter, das muss man fairerweise sagen. Verne nimmt ja, zumindest in seinen bekanntesten Erzählungen, einfach seine (erstaunlich hellsichtige) technische Vision und baut sie in eine Gesellschaft ein, wie er sie kennt. Zumindest in den Werken, die ich von ihm kenne (viele sind es nicht) macht er sich wenig Gedanken über die gesellschaftlichen, psychologischen etc. Auswirkungen, die solche Erfindungen möglich machen oder durch die Erfindungen ermöglicht werden. Eine rühmenswerte Ausnahme ist "Die 500 Millionen der Begum", mein Lieblingsverne. Das kann man über Asimov nicht sagen - der baut schon eine passende Welt um seine Entwicklungen. Das Problem ist nur eben: Die Zukunftsvision folgt hier der technischen Entwicklung, nicht umgekehrt. Bei Verne dagegen ist von einer "Zukunftsvision" noch sehr wenig zu spüren. Was kein Vorwurf sein soll - schliesslich ist er erst im Nachhinein zum "Vater der SciFi" ernannt worden. Ohne die modernen Ansprüche an Science-Fiction sind seine Bücher einfach lesenswerte, intelligente Abenteuerromane. Und das ist ja nichts Schlechtes.
Der bekannteste "Vater" der Science-Fiction im Sinne von "Zukunftsroman" ist für mich ganz klar nichte Jules Verne sondern H.G. Wells.
Iain Banks nun... der entzieht sich eigentlich jeder Schubladensteckerei (wobei meine Schubladen an sich ja schon recht wackelig sind, das haben Schubladen auch nicht anders verdient - Phillip K. Dicks "Autofac" zum Beispiel ist durchaus recht nah an technischer Science-Fiction). Selbstverständlich ist Banks "Kultur" eine technisch stark fortgeschrittene Rasse - aber so stark, dass man sich kaum vorstellen kann, wie sie dahin gelangt ist. Darum geht es bei Banks aber auch nicht, im Grunde steht die Kultur in den meisten Geschichten ja letztlich vor ethischen Problemen - die vor allem mit ihrem Selbstverständnis als ethisch und gesellschaftlich total überlegen zu tun haben.
Ein interessanter "technischer" Aspekt der Kultur-Romane sind die intelligenten, mit Persönlichkeit ausgestatteten Maschinen. In einer so fernen, so hochentwickelten Gesellschaft erscheint das nur logisch, und ich finde, Banks schildert diese Maschinen/Menschen-Gesellschaft sehr nachvollziehbar und glaubwürdig. Wenn ich gezwungen würde, ihn einzuordnen, würde ich sicher sagen, Banks "Kultur" gehört in eine Reihe mit Wells und Dick, nicht mit Verne und Asimov.
Bei manchen Romanen von Banks - "Die Brücke" oder "Barfuß über Glas" etwa, habe ich dagegen nicht die Spur einer Ahnung, wie ich die überhaupt einordnen soll. Ich weiß nicht einmal, ob das phantastische Literatur ist, oder schon eher surreale Metaphorik.