Vom Donner berührt...

Du schreibst Gedichte? Laß sie nicht in einer Schublade verschimmeln! Menschenbeifall wirst Du hier finden, aber auch Kritik und Rat.
Archäopterix
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Vom Donner berührt...

Beitragvon Archäopterix » 06.06.2002, 15:13

Tropfen peitschen
Eiskörner prallen
ab vom Asphalt
und springen mich an

Gejagt vom Sturm
hetzen blaugrauschwarze Wolkenfetzen
über den zerissenen Himmel
Bäume ducken sich
ganz nah an die Erde

Ich drehe mich im Kreis
werde nass
nehme die Macht der Natur in mich auf
und erzittere
eingehüllt in den Duft nasser Erde
die schwer an meinen nackten Füßen klebt

donnerndes Grollen
ist der Rhythmus meines Tanzes
gleißendes Blitzen
taucht die Welt in blauweißes Licht

Und die Ampeln
schwingen hin und her
an ihren Drahtseilen...
In mir schlummert ein Genie - nur wird das Biest nicht wach...

gelbsucht
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Re: Vom Donner berührt...

Beitragvon gelbsucht » 06.06.2002, 20:09

Hallo a-opterix,

gibt es nicht einen Song von AC/DC, der genauso heißt? Warum ein englischer Titel für ein deutschsprachiges Gedicht?

Mich hat das Gedicht von dir sofort an den Beitrag "raumlos" von ariadna erinnert, genauer: an die zweite Strophe des Gedichtes dort. Was lauft ihr immer bei schlechtem Wetter barfuß durch die Gegend? Das ist doch ein furchtbar einfältiges Klischee, das mich in keiner Weise berührt. Ihr scheint beide eine Vorliebe für Stimmungsgedichte zu haben und in dem einen wie dem anderen Fall läßt es mich weitestgehend kalt. Ich finde die beschworenen Bilder einfach etwas abgenutzt und kaum einen Gedanken, der mich zu überraschen vermag. Aber dadurch wird das Lesen von Poesie zu einem faden Genuß.

Und die Ampeln
schwingen hin und her
an ihren Drahtseilen...
Gibt es in Deutschland überhaupt Ampeln an Drahtseilen? Weißt du woran mich die letzte Strophe deines Gedichtes erinnert hat? An TWIN PEAKS von David Lynch. Da gibt es auch -mehrfach wiederholt- eine Einstellung (als Überblende zwischen zwei verschiedenen Szenen), wo eine Ampel am Drahtseil hängt, die vom Wind heftig hin und her bewegt wird.

Immer daran denken: ich bin auch nur EINE Meinung, ehrlich aber kritisch. Es gibt mit Sicherheit Menschen, denen dieses Gedicht mehr sagt als mir.

MfG,
gelbsucht
"Ein Kluger bemerkt alles - ein Dummer macht über alles eine Bemerkung." (Heinrich Heine)

Archäopterix
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Re: Vom Donner berührt...

Beitragvon Archäopterix » 06.06.2002, 22:08

Hallo gelbsucht,

zu Anfang eine Bitte: Ich mag es nicht, wenn mein Name verstümmelt wird, er ist Teil meiner Identität und ich liebe ihn ausführlich.

Es gibt tatsächlich einen AC/DC-Song mit dem selben Titel. Allerdings ist der Titel inzwischen geändert.

Anzumerken ist weiterhin, dass ich tatsächlich bei Gewitter barfuss "durch die Gegend" laufe, tanze, springe...je nachdem, wie ich mich fühle.

Technisch hielt ich das Gedicht übrigens für ziemlich gelungen: es hat Rhythmus, Enjambements´und Sinnlichkeit.
Aber gut, da es dich offenbar nicht anspricht werde ich dir jetzt nicht auch noch die Sache mit den Ampeln erklären (es gibt bei uns an Drahtseilen aufgehängte Ampeln).

Ich wünsche dir noch einen schönen Abend
LG
Archäopterix
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gelbsucht
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Re: Vom Donner berührt...

Beitragvon gelbsucht » 07.06.2002, 02:23

Hallo ARCHÄOPTERIX,

verzeih mir die Verstümmelung deines Namens. Wir leben in einem rationalen Zeitalter, wo man geneigt ist, das Komplizierte zu vereinfachen und das Lange zu verkürzen (z.B."LG"). Gäbe es nicht einen alternativen, einen kürzeren Nick, mit dem ich dich anreden könnte, ohne dich zu beleidigen und die Integrität deiner Identität fahrlässig zu gefährden?
Technisch hielt ich das Gedicht übrigens für ziemlich gelungen: es hat Rhythmus, Enjambements und Sinnlichkeit.
Es freut mich, daß du dein eigenes Werk für gelungen hältst und zufrieden damit bist, ohne dich durch mein Urteil darin verunsichern zu lassen. Was allerdings die technische Vollkommenheit deines Gedichtes angeht, so möchte ich - deine Zufriedenheit in Ehren - doch ein paar Zweifel säen. Sinnlichkeit fällt wohl nicht unter Technisches und Enjambements sind doch nun wirklich trivial. Was bleibt, wäre der Rhythmus. Welcher Rhythmus sollte es denn gewesen sein? Jeder Text, ob Lyrik oder Prosa, hat Rhythmus, insofern ist Rhythmus an sich kein besonderes Prädikat. Hingegen ein bestimmter Rhythmus, wie er Lyrik auszeichnen kann - wo soll er in deinem Gedicht zu finden sein? Ein gleichbleibendes Metrum: Fehlanzeige! Betrachten wir zum Beispiel die erste Strophe:
Tropfen peitschen
Eiskörner prallen
ab vom Asphalt
und springen mich an
Und so sieht die Betonung aus:
- ~ - ~
- ~ ~ - ~
- ~ ~ -
~ - ~ ~ -

- = betont
~ = unbetont
Kein Vers ähnelt vom Rhythmus einem anderen. In den anderen Strophen verhält es sich ähnlich. Was soll ich (oder ein anderer) also davon halten, wenn du sagst: "Technisch hielt ich das Gedicht übrigens für ziemlich gelungen: es hat Rhythmus ..."?
Aber gut, da es dich offenbar nicht anspricht werde ich dir jetzt nicht auch noch die Sache mit den Ampeln erklären
Ich bestehe darauf! Ich möchte ja nicht aufgrund meines aus der Art geratenen Geschmacks, am Ende noch dumm sterben müssen. :-D

Liebe Grüße,
gelbsucht
"Ein Kluger bemerkt alles - ein Dummer macht über alles eine Bemerkung." (Heinrich Heine)

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Re: Vom Donner berührt...

Beitragvon Archäopterix » 07.06.2002, 15:55

Hallo gelbsucht,

ich bestehe auf dem Archäopterix- dies ist der Name der meine Kreativität ausdrückt.

Ich denke, ich hatte ob deiner Kritik das Bedürfnis, mein Werk zu verteidigen indem ich dir was von Technik erzähle (ich wollte deutlich machen, dss ich schon technische Kenntnisse über das schreiben und interpretieren von Gedichten habe).
Aber auch davon abgesehen, halte ich es für gelungen. Ich betrachte ein Gedicht dann als gelungen, wenn ich das Gefühl habe, es ist fertig. Das beinhaltet keinen Reim oder ein fortlaufendes Metrum, ich finde nur, der Rhythmus sollte so was wie eine Melodie schaffen und es muss das ausdrücken, was ich Worte zu fassen versuche.

Nun zu den Ampeln:
Ich betrachte die letzte Strophe als Symbol für die Machtlosigkeit mit der wir der Natur gegenüber stehen. Willenlos hängt die Ampel an ihrem Drahtseil, ohne sich wehren zu können ist sie der Naturgewalt ausgeliefert.
Es ist aber auch die Verständnislosigkeit mit der die Menschen auf mein Verhalten reagieren, wie sie die Köpfe schütteln über meine Herausforderung der Naturgewalt.

Was hälst du davon?:-D

LG
Archäopterix
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Re: Vom Donner berührt...

Beitragvon gelbsucht » 07.06.2002, 19:04

Ich betrachte die letzte Strophe als Symbol für die Machtlosigkeit mit der wir der Natur gegenüber stehen. Willenlos hängt die Ampel an ihrem Drahtseil, ohne sich wehren zu können ist sie der Naturgewalt ausgeliefert.
Das ist plausibel, Archäopterix, einen derart tiefschürfenden Gedanken hätte ich, und geb das gerne zu, nicht dahinter vermutet.

MfG,
gelbsucht
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