Von der Kunst des Schreibens...

Warum schreiben wir? Wie werde ich reich und berühmt durch meine Bücher? Was macht die besondere Schönheit des Adjektivs aus?
Flegel
Kerberos
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Von der Kunst des Schreibens...

Beitragvon Flegel » 14.08.2009, 17:43

Von der Kunst des Schreibens... und der spielerischen Freude, die Worte fließen zu lassen - Hirngespinst oder Stein der Weisen?

Nun, ich hatte schon immer die Idee, ein Buch zu schreiben. Irgendwie kam es jedoch nie dazu. Immer, wenn ich mich mal dran machte und die ersten 10 Seiten eingetippt hatte, verlor ich die Lust. Ist doch alles Krampf, wen interessiert schon sowas? Das würde ich selbst auch nie lesen wollen, bla bla bla...

Mein eigentliches Problem war, denke ich, dass mir die zündende Idee fehlte. Schließlich habe ich mit meinen 21 Jahren doch gar nichts zu erzählen, oder?

Also habe ich jetzt begonnen, mich mal in Foren wie hier ein bisschen umzusehen und zu recherchieren, wie denn andere Schreiberlinge zu Ideen, Geschichten und später vielleicht gar zu ganzen Büchern kommen. Leider fand ich nirgends eine Antwort.

Irgendwo fand ich den Tip, mal ein paar Bücher über diese Thematik zu lesen. Gesagt, getan. Als erstes bestellte ich mir Von der Kunst des Schreibens... und der spielerischen Freude, die Worte fließen zu lassen von Julia Cameron. Gestern wurde es geliefert und ganz heiß auf DIE Erkenntnisse machte ich mich gleich dran und verschlang das Buch. Gerade eben bin ich fertig geworden. Was sich anfangs wie eine große Offenbarung anfühlte, wich auf Dauer der Ernüchterung. Und das war jetzt alles? Keine Patentrezepte (zumindest nicht so, wie ich sie mir vorgestellt hatte)?

Wer das Buch nicht kennt, hier mal ein kleiner Einblick. Im Großen und Ganzen geht es eigentlich nur darum, einfach zu schreiben - und zwar nicht um des Erfolgs, sondern einzig und allein um des Schreibens Willen. Die Devise lautet schreiben, schreiben, schreiben - ohne dabei daran zu denken, was andere davon halten. Der zweite Aspekt ist der, dass man sich keine Geschichten ausdenken muss, die Autorin glaubt eine Art spirituelle Macht, die, wenn man sein eigenes Ich zur Seite räumt, selbstständig Bilder offenbart, die man nur aufschreiben muss. Zuerst in einer Erstfassung, später dann verfeinert und, wenn nötig,überarbeitet. Wir sind also nicht der Schaffer der Geschichte, sondern einfach nur der "Kanal", durch den etwas, dass sich gerne mitteilen möchte, erzählt. Unsere einzigste Aufgabe besteht darin, in uns hineinzuhorchen und aufzuschreiben, was uns diktiert wird. Dieses ungezwungene Schreiben soll anhand von einigen Übungen, wie z.b. dem Schreiben von 3 "Morgenseiten" täglich erlernt werden. Das ist im Grunde die Kernaussage.

Aber ist es denn wirklich so einfach? Ist das der Schlüssel zu einer guten Geschichte? In dem Buch heißt es, Zitat:
nur, wer bereit ist, schlecht zu schreiben, wird wirklich gut schreiben.
Das soll heißen, dass wir in der Schule eingetrichtert bekommen, was eigentlich gutes schreiben bedeutet. Dieses Schreibstil ist jedoch weder lebhaft noch fesselnd und sogar anstrengend. Damit mag die Autorin recht haben. Als meine ersten Schreibversuche kläglich scheiterten, versuchte ich immer, alles perfekt zu formulieren, so, wie ich es 13 Jahre in der Schule gelernt hatte. Das WAR anstrengend und das hat auch keinen Spaß gemacht. Und interessant geschrieben war es trotzdem nicht. Ich wollte alles von Beginn an in eine endgültige Fassung bringen, denn beim Schreiben war ich schon immer Perfektionist - richtige Grammatik, kein einziger Rechtschreibfehler, halbseitige Schachtelsätze - doch vielleicht ist das wirklich der Grund, warum dem Schreiberling das "gute" Schreiben verwehrt bleibt. Wer also vermeintlich "schlecht" schreibt, schreibt erst "gut".

Mich würde wirklich sehr interessieren, was ihr von dieser Theorie haltet, ob ihr das Buch vielleicht auch gelesen habt und was es in euch bewirkt hat. Vielleicht haben auch Leute, die schon mal einem Roman oder Vergleichbares fertig gestellt haben, Lust, zu erzählen, wie sie an die Geschichte herangegangen sind, wie Ideen entstehen und wie sie sich entwickeln. Bin für jedes Comment dankbar und freue mich auf eure Meinungen!

Glaukos
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Re: Von der Kunst des Schreibens...

Beitragvon Glaukos » 15.08.2009, 12:49

hallo novize,

welcome.
du scheinst mir ein reflektierer zu sein ... deshalb scheint dich auch solch eine "flow"-schreibtechnik zu irritieren, das zumindest war mein eindruck.
wenn ich antworte: jeder muss seinen weg finden, dann klingt das nun seinerseits banal wie die leitthesen der frau cameron. (aber nahezu alle leitthesen sind ja banal ...)

wenn du tatsächlich erst anfängst mit literarischen arbeiten, empfehle ich dir, die länge deiner texte anfangs zu begrenzen. also: erst mit einer kurzgeschichte beginnen, dann eine erzählung schreiben, dann vielleicht eine novelle. und wenn du so schreibst wie ich, stellst du ohnehin fest, dass die kurzgeschichten erzählungen werden, die erzählungen novellen, die novellen romane ;)

zum anderen empfehle ich dir, bei den ersten versuchen deine geschichte relativ zügig niederzuschreiben. dann lass sie mal ein paar wochen liegen und schau sie dir an, dir wird schon selbst viel auffallen betreffs deiner individuellen schreibtechnik.

die ideen und realisierungen: es gibt schrecklich viele modelle, wie man ein buch schreibt. ich glaube, dr. schiwago entstand von hinten nach vorn geschrieben, die autorin schrieb erst das letzte, dann das vorletzte kapitel etc..
dostojewski verbrannte ganze romane und schrieb sie nochmal.
jelinek fängt einfach an und hört dann irgendwo auf (sie sagt ja selbst, sie habe kein thema; und offenbar braucht sie auch keins)
musil mäandert auch im mann ohne eigenschaften, aber er hat doch ein ziel (das er dann nicht erreicht, weil er über dem werk stirbt nach 20 jahren endlosarbeit)
kundera wiederum ist, obwohl musilverehrer, ein strikter konzeptschreiber, in "die kunst des romans" hat er gemanistentauglich reflektiert, wie er und andere romane konzipiert haben. er praktiziert die sinfonische romankunst, d.h. er inspiriert sich an der musikalischen form der sinfonie ...

der glaukos hälts wie eco, alles beginnt mit einem ideenkeim, der solch virale qualität entwickelt, dass er einem partout keine andere wahl lässt, als anzufangen. eco hatte eigentlich nur die idee "einen mönch zu vergiften", wie er erklärt, und anfangs hieß das buch noch ganz simpel "das kloster des grauens", er hatte wohl vor, einen schocker zu schreiben. doch beim schreiben kam der prof in ihm durch und er begann, mittelalterliche philosophie, eschatologie, bibelexegese etc. hineinzuquicken ...

achja, hitchcock: ich glaube, er hielts beim drehbuchausarbeiten wie viele krimischreiber: wusste auch erst am ende, wer der mörder war, denn so konnte er sich nicht vorschnell verraten.


nun, ich könnte endlos weiterschreiben, aber jetzt ists erstmal genug ;)

halt, ein sehr gutes buch zum schreiben habe ich noch, das einzig wirklich brillante von stephen king: "das leben und das schreiben". das ist sehr unterhaltsam, oft humorvoll und ironisch ... man erfährt, wie der herr zu arbeiten pflegt ...

gruß
tolya


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