Die falsche Adresse...
Verfasst: 18.02.2004, 14:11
Hallo zusammen,
also, ich - der ich eher ein langsamer Leser bin - habe gerade einen Roman von gut 300 Seiten innerhalb von insgesamt 5 Stunden durchgelesen. (gestern Abend
2 1/2, heute Morgen 2 1/2)
Warum dies? Weil er so schlecht ist. Ich wollte einfach nur durchkommen, mich der Qual entledigen.
Die Handlung ist schnell erzählt. 8 Leute in New Orleans erhalten ein Telegramm, das ihnen die originellste Party verspricht, die es in ihrer Stadt je gab. Sie sollen alleine kommen, niemandem von dem Telegramm berichten und eine bestimmte Adresse aufsuchen. Alle gehen hin. Als alle da sind weiß keiner, wer denn nun die Party schmeisst. Da ertönt eine Stimme aus dem Radio, die ankündigt, dass sie ein Spiel auf Leben und Tod mit ihnen spielen will. Immer ein Gast gegen den Gastgeber. Der jeweilige Verlierer stirbt.
Die amerikanische Erzählerin Gwen Bristow schrieb dieses Buch. Es wurde 1979 veröffentlicht.
Ich habe vieles an der Konstruktion und an der Handlung auszusetzen, aber was dem Roman besonders schadet sind die ultraschwachen Dialoge.
"Wie schrecklich", "Er ist unter uns", "Verdammter Kerl", "Wir müssen ihn überlisten" - "Uhh-hh, Margaret erschauderte" - so geht das in einer Tour.
Auch die Erzählung selbst bewegt sich sprachlich auf dürrem Niveau. So werden die Reaktionen aller Gäste geschildert, als sie das Telegramm erhalten. Fast jeder von Ihnen überlegt sich, wer der Gastgeber sein könnte - unterzeichnet ist es nur mit "ihr gastgeber". Diejenigen, die derlei Gedanken nachhängen, legen sich eine Theorie zurecht, wen sie am Samstagabend auf der Party als Gastgeber verdächtigen könnten und jedesmal heisst es zum Abschluss ihrer Gedanken so oder so ähnlich: "Person X ist es. Ja, das würde sie/er am Samstagabend sagen"
Warum erzähle ich euch das jetzt alles? Nun, ich habe mich gefragt, ob nur der hymnische Klappentext ("meisterhafte Erzählerin" pipapo) Schwachsinn ist, oder ob nicht eigentlich W. Gronwald angeklagt werden müsste. W. Gronwald - der Übersetzer.
Und da dachte ich mir, das wäre doch was für`s Forum "Kunst und Handwerk". Wie viel, so frage ich, kann ein Übersetzer einem Buch schaden/nutzen? Kennt ihr konkrete Fälle, also Bücher, die ihr in mehreren Sprachen gelesen habt? Was war da euer Eindruck? Gibt es, neben Autoren, auch Übersetzer, die ihr besonders gerne lest? Was denkt ihr generell über diesen Berufsstand, ohne den die Verbreitung von Literatur schließlich nicht gelingen würde, der aber in der literarischen Öffentlichkeit so gut wie keine Rolle spielt?
Schreibt eifrig, dann hat sich die Lektüre dieses albernen Schinkens doch noch gelohnt...
MFG,
Hamburger
also, ich - der ich eher ein langsamer Leser bin - habe gerade einen Roman von gut 300 Seiten innerhalb von insgesamt 5 Stunden durchgelesen. (gestern Abend
2 1/2, heute Morgen 2 1/2)
Warum dies? Weil er so schlecht ist. Ich wollte einfach nur durchkommen, mich der Qual entledigen.
Die Handlung ist schnell erzählt. 8 Leute in New Orleans erhalten ein Telegramm, das ihnen die originellste Party verspricht, die es in ihrer Stadt je gab. Sie sollen alleine kommen, niemandem von dem Telegramm berichten und eine bestimmte Adresse aufsuchen. Alle gehen hin. Als alle da sind weiß keiner, wer denn nun die Party schmeisst. Da ertönt eine Stimme aus dem Radio, die ankündigt, dass sie ein Spiel auf Leben und Tod mit ihnen spielen will. Immer ein Gast gegen den Gastgeber. Der jeweilige Verlierer stirbt.
Die amerikanische Erzählerin Gwen Bristow schrieb dieses Buch. Es wurde 1979 veröffentlicht.
Ich habe vieles an der Konstruktion und an der Handlung auszusetzen, aber was dem Roman besonders schadet sind die ultraschwachen Dialoge.
"Wie schrecklich", "Er ist unter uns", "Verdammter Kerl", "Wir müssen ihn überlisten" - "Uhh-hh, Margaret erschauderte" - so geht das in einer Tour.
Auch die Erzählung selbst bewegt sich sprachlich auf dürrem Niveau. So werden die Reaktionen aller Gäste geschildert, als sie das Telegramm erhalten. Fast jeder von Ihnen überlegt sich, wer der Gastgeber sein könnte - unterzeichnet ist es nur mit "ihr gastgeber". Diejenigen, die derlei Gedanken nachhängen, legen sich eine Theorie zurecht, wen sie am Samstagabend auf der Party als Gastgeber verdächtigen könnten und jedesmal heisst es zum Abschluss ihrer Gedanken so oder so ähnlich: "Person X ist es. Ja, das würde sie/er am Samstagabend sagen"
Warum erzähle ich euch das jetzt alles? Nun, ich habe mich gefragt, ob nur der hymnische Klappentext ("meisterhafte Erzählerin" pipapo) Schwachsinn ist, oder ob nicht eigentlich W. Gronwald angeklagt werden müsste. W. Gronwald - der Übersetzer.
Und da dachte ich mir, das wäre doch was für`s Forum "Kunst und Handwerk". Wie viel, so frage ich, kann ein Übersetzer einem Buch schaden/nutzen? Kennt ihr konkrete Fälle, also Bücher, die ihr in mehreren Sprachen gelesen habt? Was war da euer Eindruck? Gibt es, neben Autoren, auch Übersetzer, die ihr besonders gerne lest? Was denkt ihr generell über diesen Berufsstand, ohne den die Verbreitung von Literatur schließlich nicht gelingen würde, der aber in der literarischen Öffentlichkeit so gut wie keine Rolle spielt?
Schreibt eifrig, dann hat sich die Lektüre dieses albernen Schinkens doch noch gelohnt...
MFG,
Hamburger