Gott

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razorback
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Gott

Beitragvon razorback » 03.01.2005, 18:39

Ich versuche mal, das Thema "Gottesbilder" aus dem Happy-New-Year-Thread hier rüber zu ziehen.

Ich halte das Thema "Wie stellt man sich Gott vor" bzw. - für Atheisten - "Wie stellt man sich das vor, von dessen Abwesenheit man überzeugt ist" für viel interessanter als die Frage "gibt es Gott". Letztere halte ich schlicht für nicht beantwortbar (wegen der Unfähigkeit des Menschen, Gewissheit über letzte Dinge zu erhalten, aber das würde jetzt zu weit führen). Ich finde aber die Diskussion über Gottesbilder gerade für uns Schriftsteller sehr interessant. Denn wenn man die klassischen Definitionsfragmente "allmächtig", "schöpferisch", "ewig" nimmt, dann treffen sie ziemlich genau auf das zu, was wir für die Geschöpfe in unseren Werken sind. Wir sind absolut allmächtig, wir können alles tun. Wir können schneller reisen als das Licht, wir können Tote zum Leben erwecken, wir haben (hallo Susanne :-D ) selbstverständlich Macht über alle Naturgewalten, wir können die Zeit anhalten oder rückwärts laufen lassen, wir sind - im Zeitbegriff unseres Werkuniversums - außerdem ewig. Und die Geschöpfe sind auch noch nach unserem Bild erschaffen. Von daher ist der Schriftsteller für mich das perfekte Gleichnis für den biblischen Gott.

Mein Gottesbild habe ich im erwähnten Neujahrsthread schon einmal angerissen, ich wiederhole es noch einmal:

Gott ist - und das halte ich für viel wesentlicher - nicht nur barmherzig, sondern eben auch bildlos und unbegreiflich. Jeder Versuch, in etwas, dass sich in der von ihm geschaffenen Wirklichkeit wie sie uns erscheint manifestiert einen "Sinn" in menschlichem Sinne zu verstehen, muss kläglich scheitern. Gott ist kein Mensch, er muß etwas völlig anderes sein. Ja, er hat uns ausrichten lassen, er sei barmherzig. Und es ist wohl davon auszugehen, dass sein Tun auch einen Sinn hat. Worin dieser Sinn und diese Barmherzigkeit bestehen, dass kann für Menschen nicht begreiflich sein. Wäre es das, wären wir Götter. Also bin ich wohl oder übel darauf angewiesen, an Sinn und Barmherzigkeit zu glauben – ohne Verständnis oder Erklärung. Deshalb nennt es sich ja auch "Glaube". So weh das tut – Glauben beruht eben nicht auf logischer Deduktion.


Wohlgemerkt - das "Gott ist" im ersten Satz bedeutet: "Die Vorstellung von Gott an die ich glaube, ist..." Ich habe nämlich kein persönliches Wissen von Gott. :-D

Andere Gottesbilder kamen von

Contra (mit Bezug auf die Tsunamikatastrophe):

Gerade weil Gott barmherzig und allmächtig ist, zeigt er uns durch solche Katastrophen wie wir uns immer mehr von den wahren Werten des Lebens entfernen. Mein Glaube sagt mir, dass keines der Opfer umsonst gewesen ist. Mein Glaube sagt mir, dass Gott all diese Menschen zu sich in sein Reich nimmt.
Glaube ist keine Sache, die logisch begründet werden kann, Glaube ist vielmehr die Summe von tiefen Überzeugungen. Ohne diesen Glauben, wäre ich nicht in der Lage, Beistand zu leisten und Menschen z.B. in ihrem Sterben zu begleiten.
Und diese Naturkatastrophe bestärkt mich sogar in meinem Glauben, denn nichts geschieht zufällig oder ohne Sinn.
Und wenn wir unseren Egoismus ein wenig zurückfahren, ein wenig mehr auf unseren Mitmenschen eingehen, dann kann eine solche Katastrophe sogar einen positiven Aspekt haben.


und Fitnat:

Früher als Gott seine Religionen den Menschen zugeteilt hatte gab es tatsächlich noch Wunder und Beschtrafung durch Gott. Sie meinen bestimmt jetzt, Was? Wir sind jetzt allein gelassen? Nein, ich denke nicht. Er sieht nur zu, wie wir es machen. Jede einzelne von uns wird beobachtet ob wir mit dem Zeug was wir von ihm bekommen in seinem sinne Leben schaffen oder schaft das Böse in uns unsere gedanken abzulenken. Wieviel Böse lassen wir in uns zu. Und weiviel gute.
In Koran steht das der Teufel dem Gott nicht Akseptieren wollte so wurde er verflucht und von der Erde abgeschaft weil er aber noch eine Change gebettelt hat schickte Gott ihn in die Menschen hinein dort sollte es bis jüngste Gericht bleiben. Somit hatte Gott auch die eine Change den Menschen zu Testen.


Susanne hat noch eine Bemerkung beigesteuert, die ein ziemlich krudes (aber vielleicht gerade dadurch interessantes) Gottesbild vermuten lässt:

Die Natur ist eben immer noch unkontrollierbar und das ist im Grunde auch gut so.
Auch ein Gott, ob man an ihn glaubt, oder nicht, kann das nicht verhindern.


Das ist ja mit Allmacht nicht mehr viel her. ;-)

Noch einmal, und das ist mir wichtig: Ich interessiere mich dafür, was Ihr Euch unter Gott vorstellt, ob Ihr nun daran glaubt oder nicht. Ich interessiere mich weniger für Missionierungsversuche, gegenseitige Beschimpfungen, Glaubenskriege oder ähnliches.
O You who turn the wheel and look to windward,
Consider Phlebas, who was once handsome and tall as You

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Re: Gott

Beitragvon Silentium » 03.01.2005, 22:48

Gottesbild... hmhmhm...

Okay, wie stellt sich eine Atheistin den nicht anwesenden Gott vor? Abwesend, würd ich sagen.
Also, mein Glaube is mir irgendwie zerbröselt, ganz blöde Geschichte eigentlich:

Meine Großmutter ist so richtig katholisch-gläubig. Gottestdienst und Rosenkranz, wie halt viele ihrer Generation. Ihr wesentlichster Beitrag zur Erziehung ihrer Enkel war, dass sie uns das Abendgebet hat lernen lassen und uns erzählt hat, Gott ist lieb und allmächtig. Harmlos, im Prinzip.
Blöderweise hatten wir in der Volksschule eine Lehrerin, die solche sachen recht... ernst nahm. Sektenlady. Bei Kopfweh handauflegen, das Morgengebet dauert eine Schulstunde. Es gab böse Dämonen, die böse Kinder holen... solange, bis die ganze Klasse mittelmäßig neurotisch unterwegs war. Eine Freundin hat sich nicht mal mehr alleine aufs Klo getraut. Es war dann mein Mütterlein, das Alarm geschlagen hat. Wir hatten dann einen mehr als zweijährigen Kleinkrieg mit dieser bescheuerten Sekte Jedidja, mit Zeitungsartikeln und Talkshows und Gerichtsterminen und allem, was man halt so braucht.
Da Mütter recht haben, hab ich mir damals fix vorgenommen, extremeren Glaubensrichtungen schwer zu misstrauen.
Als nächstes isses dann mit der katholischen Kirche schwierig geworden. Rechte von Frauen und ein seniler Papst sind einer Zehnjährigen recht wurscht. Mein Problem war ein ganz anderes: der herr religionslehrer vertrat die ansicht, dass tiere, somit auch mein Kater Michaelangelo, keine Seele haben. Damit war seine Kirche für mich gestorben.
Ich war dann jahrelang irgendwo in einer Schwebe, so á la "Aber das mit Liebt-Euren-Nächsten-und-so war schon eine gute Idee vom Jesus, ehrlich!", mit einer Restverbundenheit zum Christentum. Bis mir dann irgendwann jemand gesagt hat, dass
a) ziemlich jedes Christliche Symbol, einschließlich der Aufopferung eines jungen Mannes für die Sünden der Welt, von irgendwelchen anderen Kulturen gefladert ist und dass das
b) oft den Zweck hatte, deren Religionen aufzusaugen und auszulöschen (ziemlich jeder christliche Feiertag; Evas Apfel ist ein bewusster Übersetzungsfehler... die ganze chose halt)
Da war ich frustriert, weil mir das ganze Christentum zwischen den Fingern zerbröckelt ist. Was dann, wenn man den Haufen Rituale und Richtlinien und Überlieferungen vom Christentum wegnimmt, noch bleibt, ist ein gütiger und liebender Gott undefinierter Gestalt.
Dass er "gütig" ist und "liebend" haben auch schon wieder Menschen behauptet. Weil ich grad dabei war, hab ich dann auch das noch verworfen. Dann war da nur noch Gott, bis ich festgestellt hab, dass ich daran - irgend einem höheren Sinn, einer kosmischen Grundidee, einer übermenschlichen Macht- festhalte, weil ich mich damit besser fühle. Ein Futzerl Materie, zufällig entstanden auf einem ein bissl größeren Futzerl Materie in einem unendlich Leeren Raum, einzig wegen dem zufälligen Zusammenspiel von Chemie und Physik. Und dann sind wir tot und es is wurscht, weil wir auch nicht mehr sind als ein zufällig gespaltenes Atom. Diese Vorstellung war mir irgendwie sehr zuwieder, und grad drum, weil ich mich aufgrund einer gewissen Egozentrik, wegen dem Wunsch nach Sinn, dagegen geträubt hab, hab ich beschlossen, diese Vorstellung- es gibt keinen Gott, nur eine mathematische wahrscheinlichkeit und es gibt nichts winzigeres als einen Menschen auf einem Planeten in einem Sonnensystem in einer Galaxie in einem Cluster in einem Universum in einer Dimension- als wahrscheinlichste anzunehmen und inständig darauf zu hoffen, dass ich mich komplett irre. Darauf läufts hinaus.
I would go to the Dark Side in a heartbeat if I thought they had better dialog over there.
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Re: Gott

Beitragvon Lunch » 03.01.2005, 23:20

Da hier gerade ein wenig über das Christentum gesprochen wurde: Ich finde, das muss man schon von der Kirche als Institution trennen. Man muss nicht viel wissen um darzulegen, dass die Kirche nicht gerade mit christlichen Werten behaftet ist. Aber deshalb kann mir ja eine Religion trotzdem gefallen. Ich halte auch nichts von Riten oder irgendwelchen formalen Gebeten. Trotzdem muss man deshalb nicht alle Religion verdammen.
Ich habe mich sehr lange dagegen gesträubt an irgendwas zu glauben, bis ich ich mich gefragt habe, wieso eigentlich, wenn ich doch ganz deutlich den Drang dazu habe, und ich mittlerweile annehme, dass dieses Sträuben auch aus meinem sehr starken Drang zu glauben resultiert.
Für mich ist diese Form von Gott etwas, das wir sowieso nie begreifen werden, denn dafür müsste man ja auf seiner Stufe sein. Aber es ist da und es ist für einen da, und man spürt es in den Momenten, in denen man absolut aufrichtig ist, weil genau in diesen Momenten eine Stärke und Ruhe in Menschen ist, die ihnen ansonsten völlig fremd ist.
Es ist hier nichts Rationales gegeben, und ich werde auch hier nichts rational begründen, denn die Worte 'GLaube' und 'Rationalität' sind ja an sich schon sich widersprechende Begriffe. Daher begründet sich bei mir alles in dieser Hinsicht nur auf Gefühl.
Ach ja, und was die Mathematik und sowas betrifft: Da glaubt man im Endeffekt auch nur dran, und bei einem bin ich mir sehr sicher: Wir werden nie etwas mit einem künstlichen Denken beschreiben können, was so viel größer ist, als wir selbst.
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Re: Gott

Beitragvon Khadija » 03.01.2005, 23:46

Das ist eine schwierige Frage, Razor. Eine über die ich mir selber noch nicht ganz klar bin.

Als Kind hat Religion für mich nie eine sonderlich große Rolle gespielt. Es gab da so einen großen und gütigen Mann mit Bart und Religionslehrer waren nette Leute, die Bildchen verschenkt haben. Das war es so ziemlich.
Mit ungefähr 14 hab ich dann begonnen genauer über das Thema nachzudenken. Meine Mutter ist katholisch und mein Vater evangelisch, von der Seite kamen also einige Impulse. Und als ich mich genauer mit dem Christentum beschäftigt hab, hab ich gemerkt, dass es da einfach sehr viele Dinge gibt an die ich nicht glauben kann (Unfehlbarkeit des Papstes, Heilsmonopol, Rechte der Frauen...)
Dann hab ich mich umgesehen in der Welt um mich herum, hab mich viel mit Geschichte beschäftigt. Und was ich da gesehen habe, konnte ich nicht in Einklang bringen mit der Vorstellung von einem gütigen Gott, die ja fast alle Religionen vertreten.
Ich bekam den Eindruck ( und ich will hier keinen Glaubenskrieg heraufbeschwören, ist nur meine persönliche Meinung), dass die meisten Religionen nur zu Blutvergießen geführt haben und mit ihnen fast immer Intoleranz einhergegangen ist. Nicht bei allen Gläubigen natürlich, aber immer bei einigen, mit Pech bei den Machthabenden.

Meistens bin ich Atheist. Gott stell ich mir dann logischerweise nicht vorhanden vor. Wir sind durch Zufall entstanden und nach dem Tod gibt es gar nichts.
So ganz zufrieden bin ich mit dieser Ansicht aber nicht, weil irgendetwas in mir sie für schwer erträglich hält, sie erscheint mir aber am wahrscheinlichsten.
Im Wesentlichen schwanke ich zwischen dieser Vorstellung( es gibt keinen Gott) und der Ansicht, dass wenn es einen Gott gibt, er so vollkommen anders ist, dass ich ihn mir nicht einmal vorstellen kann. Er existiert sozusagen außerhalb meiner Wahrnehmung.
Die erste Vorstellung überwiegt meistens, aber eben nicht immer. Das war jetzt ziemlich konfus, fürchte ich, drückt aber ungefähr aus, was ich glaube.
...words strain,
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Decay with imprecision, will not stay in place,
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Re: Gott

Beitragvon Surjaninov » 04.01.2005, 00:46

Wir sind durch Zufall entstanden und nach dem Tod gibt es gar nichts.


- Ich bin damit zufrieden. Atome gehen beim Verfaulen jedenfalls keine verlohren.


Vielleicht steht aber Gott auch mit der letzten Schaufel Erde neben einem Massengrab.

Oder schaut durch kleine Fenster in kleine Kammern, die dann zuweilen mit Gas gefüllt werden.

Und wann geht er baden?


Wie stellt ich mir Gott vor?

- Gar nicht.

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Re: Gott

Beitragvon Spiderman » 04.01.2005, 02:13

Ich glaube an keinen Gott. Jedoch gibt es einige Fragen, die meiner Einschätzung nach keine Naturwissenschaft lösen kann und die das Leben zu einem besonderen Wunder und Rätsel machen:

* Woher kommen alle diese Atome?
* Wieso funktioniert die Natur nach genau den Gesetzen und nicht nach anderen?
* Was sind Zeit und Raum und wie sind die entstanden?
* Wie kann es sein, dass es mich vor 50 Jahren nicht gab und in 50 Jahren nicht mehr geben wird?
* Wie kommt es, dass ich das Rot meiner Strickjacke (die ich gerade anhabe) als ein Rot bewußt wahrnehme?
* Warum habe ich ein Bewußtsein und funktioniere nicht wie ein Zombie?
* Was ist, wenn ich tot bin?

Die meisten Religionen zielen auf eine Beantwortung dieser oder ähnlicher Fragen ab. Den Grenzen des Menschseins entsprechend erscheinen mir allerdings die Antworten wie Projektionen. Wünsche, Hoffnungen und Ängste richten sich auf eine Gestalt namens Gott, ein Überwesen oder wasauchimmer es sein mag. Es verspricht Erlösung, ewiges Leben und Sinn. Am Chrsitentum verwundern mich viele Dinge, wobei ich hinzufüge, dass ich selber früher überzeugter Christ war (lang ist's her). Warum will Gott gelobt und gepreist werden? Warum muss ich an ihn glauben, damit er mich erlöst? Kann er mich nicht einfach auch so erlösen? Und warum geht es die ganze Zeit um Schuld, Sünde, Sühne und Vergebung? Denkt Gott in den Kategorien "Gut" und "Böse"? Wieso wird er "Vater" genannt? Die "Barmherzigkeit" des "lieben" Gottes hatten wir hier ja bereits diskutiert. Die widerspricht der Lebenswirklichkeit.

Man könnte natürlich - so in etwa wie Razor es tut - den Begriff als den Platzhalter für all das Unbegreifliche des Lebens verwenden. Das X in einer Gleichung, die sich nicht auflösen läßt. Mir persönlich würde das allerdings nicht schmecken. Zu sehr ist das Wort "Gott" mit menschlichen Attributen verbunden. Gegenüber der Rätselhaftigkeit des Lebens erscheint mir die Verwendung des Begriffes Gott zu einfach, als so etwas wie eine Ausflucht. Deshalb verzichte ich darauf und bezeichne mich als Atheisten. Bei der Gelegenheit: das Lossagen vom Christentum habe ich als etwas sehr befreiendes erlebt und ich behaupte sogar, dadurch eher ein besserer als ein schlechterer Mensch geworden zu sein. Warum? Weil ich meine, dass das Chrsitentum oft den Blick für die Realitäten verstellt. Ich habe das Gefühl, ohne die christliche Religion klarer zu sehen.

Nun bedeutet Atheismus ja auch nicht gleich Areligiösität. Zwar hänge ich keiner Religion an, sympathisiere allerdings mit buddhistischen Anschauungen, Methoden und ethischen Regeln. Auch wenn ich auf oben gestellte Fragen keine endgültigen Antworten habe, so macht doch die Beschäftigung mit diesen Fragen Sinn, z.B. in Sinne logischer Durchdringung, Meditation oder Achtsamkeit im Alltag. Lyrik sehe ich da sogar auch als eine Möglichkeit, sich der Warhheit anzunähern und die Realität zu durchdringen.

Eine Frage die bei der Diskussion mitschwingt bezieht sich auf die religiös abgeleitete Ethik. Dazu folgendes: wir sind nun mal hier auf der Erde zu Besuch und sollten unser Denken und unser Handeln danach ausrichten, nützlich zu sein und der Menschheit zu mehr Glück zu verhelfen.

Spiderman
Die nette Lyrik-Spinne von nebenan!

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Re: Gott

Beitragvon Glaukos » 04.01.2005, 15:19

Gott ist das, was wir uns nicht erklären können.


Na, vielleicht lasse ich die Verallgemeinerung doch lieber weg in diesem Bekenntnis-Thread:

Gott ist für mich das, was ich mir nicht erklären kann.

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Re: Gott

Beitragvon Hilbi » 04.01.2005, 17:36

Ich glaub an Gott, er ist ein netter freundlicher Herr mit grauen Bart, aber einparken kann er nicht, das ist auch nicht so wichtig, letztens hat er schon wieder vergessen die Bananen abzuwiegen, die Kassererin war mit recht entzürnt, ging aber schließlich doch selber los und wiegte die Bananen ab, als sie zurückkam konnte man in ihrem Gesicht lesen "mein Gott, warum tust Du mir das an"
Wenn der Himmel so blau ist, warum wird es dann finster?

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Re: Gott

Beitragvon charis » 05.01.2005, 11:07

@hilbi: :-))

Interessant an der Diskussion finde ich, dass innerhalb der Überlegungen, ob es einen Gott gibt und wie der beschaffen ist, sofort eine Verquickung des Gottesbegriffes mit dem der Regilion und der Kirche / Glaubensgemeinschaft stattfindet.

Für mich steht die Frage, ob es Gott gibt oder nicht, losgelöst da von der Frage, ob mir eine Religionszugehörigkeit sinnhaft erscheint. Religionsgemeinschaften sind für mich Verdichtungen von gesellschaftlich und historisch geprägten Meinungen über das Unerklärbare (ergo Frauenbild der Kath.Kirche... etc.), die leider sehr rasch eintrocknen und erstarren (--> Dogmen). Gekoppelt mit knallharten Machtstrategien der herrschenden Reli-Gurus ("durch meine Schuld, durch meine große Schuld..." so kann man Leute klein halten)
Ob da irgendjemand von wem anderen geklaut hat oder nicht, ist mir wurscht. Immerhin sind wohl die meisten Gedanken schon vor uns gedacht worden. Neue Antworten bzw. eher neue Fragen in Hinblick auf das Unerklärbare gibt es selten. Wie auch? Religionen sind ein Ausdruck dafür, dass die Menschen eine kollektive Beruhigung mittels ritualisierter Handlungen suchen (siehe Anstieg von Religiosität nach Katastrophen).

Das Thema Gott betrachte ich davon losgelöst.

Meine persönliche Geschichte entstammt - no na - auch dem Katholizismus, familiär geprägt, später in der Pubertät auch ein Ausflug in eine neokatechumenale Gruppe, vor allem aus der Sehnsucht nach Gruppenzugehörigkeit heraus, bis ich dann erkannt habe, dass diese Gruppe ultrakonservativ war... Ich hatte aber dadurch doch ein paar Jahr intensiverer Auseinandersetzung mit Bibelinterpretation etc.

Ähnlich wie Spiderman kam ich dann auch an den einen Punkt, an dem mein persönliches Wachsen und Sein durch die Bindung an ein christlich-katholisches Weltbild eingeschränkt gewesen wäre. Heute fühle ich mich frei in der Position, meine eigene Religion zu leben, also (potenziell) meine eigenen Rituale an Spiritualität zu pflegen, die ich natürlich zwangsläufig ebenso wie die meisten Religionstifterinnen und -stifter vor mir geklaut bzw. abgekupfert habe(n muss). Ok, vielleicht widerspricht sich Religion und Individualismus irgendwie, fehlt da etwa der kollektive Zuang, vielleicht sollte ich mich einer Gemeinsamkeit öffnen. Aber da verwende ich doch glatt was geklautes: an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen und wem gefällt, was ich lebe, mag es gerne gleich tun.

Religion bedeutet für mich also die Summe an spirituellen Einstellungen und Handlungen in meinem Leben. Das ist selbstverständlich etwas Unverzichtbares. ich hoffe, dieses Bedürfnis in der oben umrissenen individuellen Weise stillen zu können. Da ich aber nie bisher in meinem Leben wirklich massiven persönlichen Katastrophen ausgesetzt war, weiß ich nicht, ob es einen Punkt gibt, an dem nur die Kollektivität beruhigt und Sicherheit vermittelt.

Ich glaube aber zumindest vorläufig am bisherigen Punkt meines Lebens, dass dieses Bedürfnis nach Religion nicht zwangsläufig an eine Art Person wie Gott gekoppelt sein muss. Denn in den meisten Fällen es hier um den Wunsch nach einem entlastendenden Glauben, eben an den allmächtigen Gott, der mir die (letztendliche) Verantwortung abnimmt (Gott hat es so gewollt, es sogeschehen lassen, siehe Tsunami...) Das betrachte ich für mich als völlig rückschrittlichen Schwachsinn. Warum sollte ein Gott einerseits seine Ebenbilder erschaffen (offensichtlich misslungen...), ihnen einerseits freien lauf lassen und dann andererseits mit Fluten dazwischenpfuschen? Wozu? Und vor allem - wie kann eine solche Einstellung der individuellen Entfaltung und Weiterentwicklung dienen? Gut, vielleicht irre ich mich ja in meiner Auffassung im Sinn des menschlichen Leben, und Weiterentwicklung IST gar kein gewolltes Ziel.

Dazu muss ich auch sagen, dass es MEIN Lebensziel ist, einmal als "weise" (hoffentlich alte) Frau zu sterben. Die Weisheit, die ich damit meine, ist v.a. eine, die ich mir nur aktiv und selbstverantwortlich zulegen kann, sehr wohl aber natürlich in Reflexion über und in Interaktion mit meine(r) Umwelt.

Ich glaube nicht an einen Gott im (weiteren) Sinne einer Person. Ich glaube vielmehr an die ewige Energie, die hinter allen Kräften und Naturgesetzen steht. (Klischeehafter Vergleich: Toter zerfällt zu Staub, Erde, daraus wächst neues Leben, blabla...)
Meine mangelnde naturwissenschaftliche Bildung wirkt sich hier recht positiv aus, denn ich fühle mich nicht durch derartige logische Hindernisse darin gestört. Ich gehe davon aus, dass die Energie, aus der ich bestehe, und dazu zähle ich auch die Energie meines Bewusstseins, meiner "Seele", weiter bestehen wird. Wohin sollte sie verschwinden? (OK, jetzt kommt die Frage, woher kam sie...? aber die ist mir jetzt mal wurscht, und davon lasse ich mich jetzt nicht beunruhigen oder in meinem Weltbild stören, ich kann ja auch damit leben, dass ich nicht weiß ob es Henne oder Ei zuerst gab...)
Ich habe das hübsche Bild, das diese Energie vielleicht in eine Art Ur-Energiesuppe zurückfliesst und von dort neu veteilt wird. Und somit gibt es auch eine Art Wiedergeburt. Worin sich meine Energie nach meinem Tod äußern wird, ist natürlich völlig offen, keine Ahnung, vielleicht werde ich ein Wind oder eine Wolke oder ein Grashüpfer oder Wasser oder auf mehrere Menschen verteilt oder was auch immer.
Auch Erinnerungen/Beziehungen sind für mich eine Art fort bestehende Energie. Mich haben als Kind immer die (zahlreiche) geschichten in meiner Familie beeindruckt von Todesmomenten, in denen Kerzenflammen erlöschen, oder von Schritten, die in Kammern hinaufgehen, in denen Sterbende liegen, wo aber dann niemand ist... Ich habe das Ziel, mit den Menschen die ich liebe, eine verbundenheit aufzubauen, die vielleicht über die grenzen des physischen Lebens hin bestehen kann. Ich glaube den Menschen, die sagen, sie fühlen einen geliebten Verstorbenen noch rund um sich.
Da lief und läuft mir noch immer ein wohliger Schauer über den Rücken. Ich bin sicher, die Energie des Lebens äußert sich in eine Vielzahl von Arten, die wir nicht (er)kennen oder verstehen, manchmal aber dennoch sehr wohl spüren. Das ist wunderschön, das ist das, was ich als das Höchste im Leben erachte, diese Gewissheit oder besser gesagt den Glauben daran, das das Ganze mehr ist als die Summe der Teile. Dafür brauche ich aber keine Definition "Gott", weil eben diese Definition hinderlich und beengend ist, bzw. geprägt von Irrmeinungen (siehe der gute böse strafende lehrende etc. Gott- Schwachsinn m.E.!!) Diese Energie, dieses Unerklärbare, das Mehr in der Sunmme der Teile wäre doch viel zu menschlich, wenn es innerhalb solcher Kategorien bzw. Polaritäten "menschlich" werten würde.

Viel eher als an einen Zeigefinger hebenden Gott glaube ich an die Notwendigkeit des Ausgleichs innerhalb der Energie, an die Notwendigkeit, das immer beides besteht, Yin und Yang.
Mein persönliches Erlebnis dazu sind die Geburten meiner beiden Kinder und das Überstehen einer schweren Beziehungskrise, aus denen ich gelernt habe, das die unvergleichlichen, erhabensten Erlebnisse im Leben die sind, die sowohl Schreckliches als auch Schönes beinhalten.

Genauso wenig wie an einen Gott glaube ich an den (wenisgtens belanglosen) Zufall à la Silentium. Ich meine auch, einen Sinn hinter allem zu sehen bzw. zu erahnen, wenn es auch vielleicht nur mein Sinn ist.

Ich fände es traurig, wenn ich der Meinung wäre, das es
nichts winzigeres als einen Menschen auf einem Planeten in einem Sonnensystem in einer Galaxie in einem Cluster in einem Universum in einer Dimension

gäbe. Ich für mich von meinem Energiemittelpunkt (nämlich mich) aus betrachtet finde mich und meine Umwelt durchaus höchst wichtig und bedeutsam und das ist letztendlich für meine Religiosität von ausschlaggebender Relevanz. Weiters ist das für mich die Voraussetzung für die Achtung, für den Respekt vor der Einzigartigkeit und Unvergleichlichkeit und unglaublichen Schönheit des Lebens. Jede andere Sicht endet für mich zwangsläufig in einem menschenverachtenden Fatalismus, in dem alles egal ist, und das ist sicher nicht das, was ich von meinem persönlich A-Theismus erwarte.

Nochmals möchte ich auch hier auf das Buch "Gespräche mit Gott" hinweisen, das ich wirklich sehr interessant finde in Hinblick auf Fragen wie "warum lässt Gott die tsunami-Flut zu".

Lieben Gruß
von
charis

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Re: Gott

Beitragvon Fitnat » 05.01.2005, 13:25

Ich habe das gefühl heutzutage Schähmt man sich es zu sagen "ich glaube an Gott" Es ist für viele eine anzeichen für eine Intellektuelle schwäche. Warum ist es so? In eine Materiallistische Welt ist das nicht sehr schwehr zu verstehen. Alles was man nicht sieht und nicht mit Hand halten kann wurde als Humbug bezeichnet und existiert nicht. Wer anders glaubt ist entweder Hirnverbrannt oder Kindisch weil er ja an etwas glaubt was man nicht weist ob es gibt. Die Kirche ist eine ausnahme sie kann auch in dieser Materialistischer Welt nur existieren so lange es Geld reinbringt. Komme zu Gott und betzahle deine Steuern.

:-|

Wie sollte es den anders sein. Gott glauben um Geld zu machen. So ist es doch, so hat es Gottglauben in dieser recht Egoistische Welt einen Platzt und sinn.
Einige treten von Kirche aus um zu zeigen "ich glaube nicht an so einen Gott der ständig von mir Geld abzockt, nun abeeer es gibt doch eine höhere Macht das ich mir nicht erklären kann." Hintertür sag ich da nur, lass sie immer offen bis es zieht und du davon Krank wirst.
:-((

Ich werde dem nechst mal versuchen zu schreiben was für eine vorstellung ich von Gott habe. Aber jetzt will ich erstmal hier alles Lesen und in mich reinhören, den da ist meine Antwort auf diese schwierige Frage.

bis bald
Fitnat
Wenn ich mein Schatten auf dem Asphalt sehe,
denke ich, "Du Armer Poet, bist schon wieder auf dem Boden!"

F.A. "Tanz des Todes"

SMID
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Re: Gott

Beitragvon SMID » 05.01.2005, 15:39

Zuerst einmal, ich finde die Diskussion hier einsichtsreich und vielfaeltig, es macht Spass, die Beitraege zu lesen, weil man merkt, wie sehr jeder einzelne mit sich und dem Thema ringt, um zu einer Loesung zu kommen.

Mein Ansatz ist: ich bin sehr skeptisch.

Neurowissenschaftler behaupten, dass es eine Stelle im Gehirn gibt, die fuer Glauben zustaendig ist. Demnach gibt es eine Faehigkeit, quasi eine Veranlagung zum Glauben. Glauben ist nach diesem wissenschaftlichen Modell eine menschliche Funktion, nicht viel anders als die Faehigkeit, symbolisch zu denken, Erinnerungen zu haben, und zu verstehen, wie man einen Schnuersenkel zubinden muss.

Gerade in den Geisteswissenschaften wird auf theoretischer Ebene immer mehr das Subjekt, das Individuum, zum eigentlichen Kernproblem allen Verstehens. Eine allgemeingueltige Erklaerung vom Verstehen, und ob das, wie ich etwas verstehe, dem entspricht, wie ein anderer versteht, und welche Formen von Zwischenspielchen und Nebeneffekten auftreten, und dass wir sowie alle nur in einer Matrix leben, die wir nicht durch Denken loesen koennen, das bewirkt nur eines: man sehnt sich nach einer /einfachen/ Antwort.

Ich meine nicht, dass Gott die Antwort ist.

Ich meine, die Definition, was wir als Antwort akzeptieren, muss von uns Menschen selbst gegeben werden.

Insofern ist jeder Mensch fuer seine eigene Antwort zustaendig. Das beschraenkt sich nicht nur auf die Frage: Was ist Gott? Sondern auch auf all die anderen Wertfragen im Leben: Was ist Glueck? Was ist Liebe? Was ist mein Ziel? Was ist Erfolg?

Aber auch: was ist eine gute Regierung? Was ist eine gute Flasche Bier?


Wie beantwortet die Klassische Schule in China diese Frage?

Ein Schueler fragt Konfuzius, wie man denn am besten mit den Goettern umzugehen habe.
Konfuzius antwortet: "Keine Ahnung, wie ich mit den Menschen umzugehen habe, und da fragst du ueber die Goetter?"
Der Schueler antwortet: "Jetzt frage ich mal frech heraus: was hat es eigentlich mit dem Tod auf sich?"
Konfuzius antwortet: "Ich weiss noch nichts ueber das Leben, und du fragst ueber den Tod?"

Diese kurze Passage stammt aus den Aufzeichnung Konfuzius (Lunyu, Kapitel ueber Fortschritt, Nr. 11).

Der Konfuzionismus nimmt es sehr pragmatisch. Er weist alle Theorien ueber Goetter und Nach-dem-Tod-Gedanken von sich. Das Leben spielt sich im Jetzt und Hier ab. Der Mensch steht im Mittelpunkt. Natur und Mensch sind nicht dualistisch aufgebaut. Es gibt keinen Widerspruch zwischen Natur und Mensch, und daher schon gar keinen zwischen Mensch und Gott. Woher die Natur kommt und ob es eine Gewalt (Gott) hinter der Natur und dem All gibt, diese Frage wird fuer unbeantwortbar zurueckgewiesen. Ganz einfach.

Ist das nicht eine klasse Antwort?

Denn jede Antwort, wie auch immer sie ausfaellt, kann nur Spekulation sein. Das wussten sogar schon die Alten, und sie haben den Mut gehabt, das auszusprechen. In meinen Augen ist das eine faire Antwort.

Meine Vorredner haben schon sehr schoene Ansaetze gebracht, die es wert waeren weiterzuentwickeln, leider bin ich dafuer nicht der richtige.

Noch kurz zum Schluss eine Anmerkung:

Ist es vielleicht nicht narzistischer Kleingeist, der uns am Glauben nach dem Groesseren, dem Ganzen, der Goettlichkeit festhalten laesst?

Ist es nicht diese Unertraeglichkeit, unwichtig zu sein, sinnlos zu sein, dem Tode so nahe zu sein, dem nichts folgt, nichts voraus war, diese unerfahrbare, unbegreifliche Sinnlosigkeit, die uns erschlaegt? Die wir nie akzeptieren koennen, und daher zurueckweisen?

Ist die Konzeption der Goettlichkeit nicht vielleicht ein gedanklicher Selbstschutz? Etwas, dass uns hoffen macht. Dass unser taegliches Muehen nicht doch sinnlos ist, auch wenn es fast danach aussieht?

Ist es nicht diese perverse Unbegreiflichkeit des Ganzen ueberhaupt, vor der wir die Augen verschliessen?

Dann gibt es noch eine zweite Dimension in dieser Frage.

Der Mensch hat einen biologischen Trick auf den Weg bekommen. Angesicht der totalen Ueberforderung, alles zu verstehen und zu kontrollieren, vorauszusehen und sogar beantworten zu muessen, was unbeantwortbar ist, da hat der Mensch etwas in sich, was ihm hilft, etwas, wirklich zu etwas nuetze ist: der Glaube an die eigene Omnipotenz.

Das ist dieses Vertrauen, dass ich, diese kleine Wurst und dieser kleine Nichtsnutz, eigentlich doch ganz praechtig ist.
Es ist diese selbstverliebte Arroganz, dass man doch eigentlich alles kann, wenn man nur duerfte, wie man wollte.
Es ist dieses unbekuemmerte Vertrauen, dass man selbst mehr kann, als man bisher gezeigt hat. Kurzum: wir denken uns selbst schoen.

Und wenn man diesen Faden weiterdenkt, ist es nicht mehr weit, dass man die Kraftquelle auf ein anderes Ueber-mir-stehendes Wesen projeziert, das dann bitte fuer alles sorgen soll, wenn ich nicht mehr da bin. Oder weil ich einsehe, dass meine Omnipotenz auch eine Legitimationsquelle haben muss.

Jedenfalls, alle Gedanken, die sich auf ein Konzept fixieren, von dem Kausalitaet ausgehen soll, sei es Gott, Goettlichkeit, der Urknall oder sonst was, das sind alles Anzeichen fuer die Kapitulation des menschlichen Geistes.

Was hatte Wittgenstein nicht am Ende seines Tractatus gesagt?

"Wovon man nicht sprechen kann, davon soll man schweigen."

Mit diesen Worten
SMID

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Re: Gott

Beitragvon Wintersonne » 05.01.2005, 18:33

Das Ergebnis vorangestellt: Ich glaube an Gott! Ob es einen Gott gibt weiß ich nicht, denn wenn ich es wüsste, dann würde ich nicht glauben sondern wissen.
Der Versuch die Frage "gibt es einen Gott" zu beantworten lässt uns an die Grenzen unseres Denkens stossen.
Außerdem sind wir gar nicht in der Lage uns Gott überhaupt vorzustellen. Dazu ist unser kleiner Denkapparat überhaupt nicht geschaffen. Wir sind ja nicht einmal in der Lage den Begriff "Allmacht" einigermaßen vernünftig zu erklären.
Gott ist das was wir in ihm sehen und was er uns sehen lässt.
Ich bin ich - und das jeden Tag ein wenig mehr.

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Re: Gott

Beitragvon SMID » 06.01.2005, 04:29

@Wintersonne

Du sagst, an Gott glauben ist ein ERGEBNIS. Ergebnis von was? Wie kann Glauben Ergebnis sein? Hast du berechnet, dass du glauben willst? Vielleicht meintest du aber auch: das Ergebnis meiner juristischen Abhandlung ueber die Existenz Gottes ist: ich glaube!

Haha :-p

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Re: Gott

Beitragvon Wintersonne » 06.01.2005, 10:34

@SMID
Mit dem Wort Ergebnis meine ich die Summe meiner Erlebnisse mit Gott, es ist auch die Summe meiner Überlegungen.
In keinem Fall möchte ich das Wort "Ergebnis" in mathematischer Hinsicht verstanden wissen.
Ansonsten finde es ein wenig haarspalterisch, sich jetzt hier über das Wort "Ergebnis" auszulassen.
Ich bin ich - und das jeden Tag ein wenig mehr.

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Re: Gott

Beitragvon Auf Eulen Schwingen » 19.01.2005, 23:50

Hm, wildere gerade zum Designermodell rum, hier vielleicht Anregendes...


Blinder Uhrmacher und Kreuzworträtsel
Das Argument des intelligenten Designs

(1) Grundlagen

Die Makrostruktur einer Analogie-Argumentation

(1) X hat die Eigenschaften E1 ...... En
(2) Y hat die Eigenschaften E1 ...... En
(3) X En + 1
(3½) Es gibt keine (oder wenige) relevanten Unterschiede zwischen X und Y
© (4) Y hat En + 1

Zur Erinnerung :

Eine Analogie-Argumentation ist eine induktive Argumentation. Die conclusio läst sich nicht deduktiv/zwingend aus den Prämissen ableiten. Die Conclusio ist „nur“ mehr oder weniger wahrscheinlich.

Dabei gilt:

(a) Je mehr Ähnlichkeiten (P1 ...Pn), umso wahrscheinlicher die Conclusio
(b) Je weniger Unterschiede zwischen X und Y, umso wahrscheinlicher die Conclusio-
(c) Je ähnlicher die Eigenschaft, die wir bei Y erwarten, und die Eigenschaft, die wir bei X beobachten, umso wahrscheinlicher ist die Conclusio

Ein illustratives Beispiel für analoges Schließen oder Argumentieren:

(1) Roland Bieber ist ein mathematisch begabter PKG-ler aus bürgerlichem Umfeld, geboren und
aufgewachsen in Thierhaupten, mit zwei Jahren Fendt-Unterricht in Physik gesegnet.
(2) Erich Kater ist ein mathematisch begabter PKG-ler aus bürgerlichem Umfeld, geboren und
aufgewachsen in Thierhaupten, mit zwei Jahren Fendtunterricht Physik gesegnet.
(3) Roland liebt Zwiebeln in seinen Spaghettis
(3½) Es gibt keine (oder wenige) relevanten Unterschiede zwischen Roland B. und Erich K.
© (4) Erich liebt Zwiebeln in seinen Spaghettis.


Das Designer-Argument: “Natural-Theology: or, Evidences of the Existence and Attributes of the Deity, Collected from the Appearances of Nature” William Samuel Paley (1743–1805):

(1) Menschliche Artefakte (Uhren etc) sind offensichtlich funktional, absichtlich gemacht,
komplexe Systeme
(2) Das Universum und die Welt sind offensichtlich funktional, absichtlich gemacht,
komplexe System
(3) Menschliche Artefakte gehen auf einen Designer zurück.
(3½) Es gibt keine (oder wenige) relevanten Unterschiede zwischen Universum, Welt und mensch-
lichen Artefakten. Höchstens den, dass das Universum noch viel komplizierter ist und somit
einen ganz außerordentlichen Designer haben muss.
© (4) Das Universum hat einen allwissenden, allmächtigen, allgütigen usw. Creator oder Designer.
( Das ist der aus dem Christentum bekannte Gott des AT und NT)



(2) Einwendungen gegen das Design-Argument; eine Gültigkeitsüberprüfung ersten Grades:

Einwand 1:

Die Analogie ist schwach und kaum tragfähig, die Ähnlichkeiten zwischen menschlichen Artefakten und dem Universum sind gering: Artefakte haben nicht notwendig Komplexität: Scherbenreste, Mauerreste erkennen wir - vgl. unsere Archäologen-Seite – sofort.

Einwand 2:

Die Prämisse (3½) lässt sich kaum halten. Es gibt signifikante Unterschiede: Der dröge Stein und der nichtartifizielle Organismus.

(a) Manche Teile des Universums scheinen keinen Designer oder Creator zu haben. Einen Stein würden wir kaum als komplexes Phänomen bezeichnen, das sich mit einer Uhr in Beziehung setzen lässt. Paily würde einen Stein auf seinem Weg wegkicken, nur die Uhr, die da auf dem Weg liegt, würde ihm auffallen.

(b) Lebewesen des Universums werden geboren, wachsen und sterben. Wenn es schon eine echte Analogie geben muss, so ist die These, das Universum sei ein Organismus, sehr viel wahrscheinlicher als die These von einem Räderuhrwerk Universum.

(c) Wir haben in der Evolution eine Art von sich entwickelndem blinden Organismus vor uns. Ein tastendes Suchverhalten von „trial and error“, ohne Rücksicht auf irgendwelche Verluste, sicherlich keine echte Planung und Vorhersehung, sondern eine Art von „offenem Spiel“ mit Optimierungsspielregeln.

(d) Wenn es in diesem selbstlaufenden und wenig zielgerichteten, zufallsgesteuerten Spiel so etwas wie einen Uhrmacher gibt, dann ist das ein „blinder Uhrmacher“ (Dawkins 1986). "Der einzige Uhrmacher in der Natur besteht in den blinden Kräften der Physik, wenn sie sich auch auf ihre besondere Weise entfalten. Ein echter Uhrmacher plant: er entwirft seine Rädchen und Federn, ebenso ihren Zusammenhang, und zielt dabei auf einen künftigen Zweck. Die Natürliche Zuchtwahl, der blinde, unbewußte, automatische Vorgang, den Darwin entdeckte und von dem wir heute wissen, daß er die Erklärung für die Existenz und scheinbar zweckmäßige Gestalt allen Lebens ist, zielt auf keinen Zweck. Sie hat keine Augen und blickt nicht in die Zukunft. Sie plant nicht voraus. Sie hat kein Vorstellungsvermögen, keine Voraussicht, sie sieht überhaupt nichts. Wenn man behauptet, daß sie die Rolle des Uhrmachers in der Natur spiele, dann die eines blinden Uhrmachers."

Einwand 3:

Selbst wenn wir das Designer-Argument akzeptieren, so ist die These (4) vom perfekten und allgütigen Designer alles andere als wahrscheinlich:

(a) Ein Designer ist eine Person und damit ein komplexes System. Das muss dann ein geschaffenes System sein. Vom christlichen Gott aber behauptet man, er sei nicht geschaffen, sondern lebe von Ewigkeit an .

(b) Das Argument (3) stützt wohl allenfalls die Existenz einen unvollkommenen menschlichen Designers ab; außerdem ist Design oft ein Gruppenprozess: Wie sollte man also nun auf eine einzige und perfekte Gottheit schließen können?

(c) Selbst wenn man eine einzige und perfekte Gottheit annehmen könnte: Wie verträgt sich mit einer Gottheit, die eine leidende Welt mit großen Übeln (man denke an die aktuelle Naturkatastrophe mit unendlich mehr Opfern als im Erdbeben von Lissabon) geschaffen hat, die These, es handle sich um einen allgütigen, allwissenden und allmächtigen Creator und Designer? Ist der nicht eher ein kühler Experimentator, völlig indifferent gegenüber seinen Geschöpfen? Vielleicht sogar zynisch und böse? So könnte man etwa die häufig sehr komplexen Anpassungen und Lebenszyklen vieler Parasiten als Beleg für raffinierte, aber bösartige Planung anführen. Es ist vermutlich kein Zufall, dass solche „unerwünschten“ Details so gut wie nie in Design-Argumenten auftauchen. Sie werden durch selektive Wahrnehmung vermieden.

(d) Oder hat diese Gottheit allerlei Gegenspieler, also Großteufel oder dunkle Mächte, welche ihre „Allmacht“ in jeder Hinsicht einschränken...?



(3) Die Verteidigung des Designer-Modells: Gültigkeitsüberprüfung zweiten Grades:

3.1 Zu Einwand (2 ) Teile a und b: „unkomplexer Stein und Organismus“:

(a) Ein eher törichter Einwand, Natürlich mag ein Stein als wenig komplex erscheinen. Das ist er aber nur bei sehr oberflächlicher Betrachtung. Und natürlich mag als ehestes ein Organismus als Erklärungsmodell besonders plausibel erscheinen. Aber ist nicht gerade in einem Organismus, die Funktionalität und die gewisse Zielgerichtetheit besonders auffällig?

(b) An dieser Stelle können wir die Analogie mit dem Kreuzworträtsel bemühen. Auf viele Weisen ähnelt die Suche nach den Gesetzen der Physik dem Ausfüllen eines Kreuzworträtsels. Die Natur gibt uns - oftmals kryptische (= verborgene, rätselhafte) - Hinweise, und manchmal muss man sehr subtil zu Werke gehen. Die Gesetze der Natur werden nicht sichtbar, wenn man die Welt bloß wie einen Stein inspiziert. Sie sind vielmehr hinter der oberflächlichen Aktivität verborgen und können nur entdeckt werden, wenn man tiefer gräbt.

(c) Wenn man Atomphysik betreibt oder Evolutionsgeschehen untersucht oder mikrobiologische Vorgänge, so finden wir oft Hinweise und es zeigt sich allmählich ein Muster. So, wie die Wörter in einem Kreuzworträtsel zusammenpassen und ein geordnetes Bild ergeben, so erkennen wir nach und nach eine bemerkenswerte Ordnung der Natur... Die Welt ist eine Überlagerung von physikalischen Mechanismen. Ihr Zusammengreifen führt nicht zu einem zufälligen Durcheinander von Wirkungen, wie es leicht der Fall sein könnte, sie führt vielmehr zu einer sorgfältig organisierten Harmonie.


(d) Im Fall des Kreuzworträtsels kämen wir nie auf die Idee, dass die Wörter bloß zufällig in ein Muster passen und dass die Subtilität und Ingenuität der Hinweise schlicht faktisch sind, ohne tiefere Bedeutung. Sind sie – das würden wir nie fragen - das Produkt unseres eigenen Geistes, der versucht, einer bedeutungslosen Information Sinn zu geben? Doch trifft man genau auf dieses Argument im Hinblick auf das Wunder der Natur, das doch überwältigend viel raffinierter und einfallsreicher als ein Kreuzworträtsel ist. (Paul Davies)

(e) Wenn wir also nicht daran zweifeln, dass die Ordnung, Konsistenz und Harmonie eines Kreuzworträtsels darauf schließen lassen, das es die Hervorbringung eines einfallsreichen und erfinderischen Geistes ist, warum befallen uns dann Zweifel im Fall des Universums? Warum ist die Evidenz für ein Design so zwingend in dem einen, aber nicht in dem anderen Fall? Ist das wirklich nur darauf zurückzuführen, dass wir bei einem Kreuzworträtsel eben um die Existenz des Texters wissen? Und dann einen Zirkelschluss der Analogie vermeiden wollen, in dem das zu Beweisende bereits in den Prämissen recht deutlich vorausgesetzt ist?


3.2 Zu Einwand (2) Teile b und c: Der blinde Uhrmacher „Zufall“

(a)
Hier gibt es bei Dawkins ....
aes
(auf!eulen schwingen)


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