irgendwo muss ich mal meine Enttäuschung ablassen (nein, nicht über euch), und da gerade niemand zum Ausheulen in der Nähe ist mache ich es einfach hier.
Folgendes Trauerspiel: Ich habe kurzfristig ein Referat übernommen in einem Seminar namens "Die SED-Diktatur: Geschichte und Strukturen der DDR", welches ich am Mittwoch zu halten habe.
Ich soll zum einen die "Ausreisewelle vor dem Mauerfall" und zum zweiten die "Rolle Michail Gorbatschows" in dieser Zeit beleuchten.
So weit, so unproblematisch.
Jetzt hatte ich mir spontan gedacht es wäre schön einen Fernsehausschnitt ins Referat einzubauen. Die berühmte Szene vom 30.09.89, in der der damalige Außenminister Genscher den 6000 aus der DDR in die Prager Botschaft der Bundesrepublik Deutschland geflüchteten DDR-Bürgern vom Balkon eben jener Botschaft mitteilt, dass ihre Ausreise genehmigt ist kam mir sofort in den Sinn.
Leider kenne ich niemanden, der diese Szene auf Videocassette hat.
Aber es gibt da ja noch den Bildungsauftrag der geliebten öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten. Obwohl ich mir nicht viel Hoffnung machte an einen Mitschnitt der Szene zu kommen (für die ich durchaus zu zahlen bereit gewesen wäre) rief ich einfach mal das ARD-Hauptstadtstudio in Berlin an.
Ab da ging es in immer neuen Verbindungen von Berlin (Hauptstadtstudio) nach München (weiterer Hauptsitz), von dort nach Hamburg (NDR) und schliesslich nach Brandenburg zum RBB. Eine freundliche Dame meinte sie nähme sich meiner Sache an. Es gebe Kaufcassetten im RBB-Shop, die auch schnell geliefert werden könnten, auf denen die Szene eventuell drauf sei. Sie müsse das recherchieren, rufe aber zurück und sei zuversichtlich.
Klang gut.
Zwei Stunden später dann der Rückruf ihrer Chefin. Diese eröffnete das Gespräch mit "So einfach wie sie sich das denken geht das ja wohl nicht" und "wenn sie etwas nur für ihre ureigenen Zwecke vorführen wollen, dann kostet das Lizengebühren."
Ad-hoc könne man ferner eh nichts liefern, überhaupt habe man hier 1000 Anfragen im Monat ("wissen sie das denn nicht?") und der Auftrag der öffentlichen-rechtlichen beruhe auf dem Produzieren und Senden des Programmes und sonst auf gar nichts.
Als ich dann auch mal zu Wort kam merkte ich an, ich hätte mir die Sache durchaus nicht einfach vorgestellt und mir täte es leid dass die Anfrage so kurzfristig sei, mir sei ferner von ihrer Kollegin eine Recherche bezüglich der Szene auf vom RBB vertriebenen Kaufcassetten versprochen worden und es gehe keinesfalls nur um meine ureigenen Zwecke, denn bei einer Universität handelt es sich ja immerhin um eine Bildungsanstalt. Außerdem sei ich durchaus bereit den Ausschnitt zu bezahlen.
Antwort nun: Klar habe man einen Bildungsauftrag, aber nicht für die Belegexemplare in den Archiven. Die Recherche könne man eben nicht leisten ("wie kommen sie auf die Idee, dass die im Shop da Mittschnittlisten der Szenen haben? Sie können ja gerne noch mal anrufen, aber das wissen die eh` nicht") und zum Abschluss noch einmal:"Also wirklich, so leicht wie sich das denken geht das gar nicht. Schon gar nicht umsonst."
Jeglicher weiterer Kommentar verbietet sich wohl.
Liebe Grüße,
Ham