das Gedicht ist auch ohne Mythologie lesbar
Ähm, ja... da fängt für mein Leseverständnis zumindest das Problem an. Ich kenne den Orpheusmythos an und für sich schon brauchbar, hab also davon ausgehend zu interpretieren versucht.
Das hat dann aber so ausgesehen, dass die Rollen vertauscht sind. Orpheus schweigt, Eurydike singt und besänftigt die Schlange, die sie sonst töten würde, genau so, wie ansonsten ihr Gatte die wilden Tiere gezähmt hätte. Die Steine, die sich sonst um ihn geschart haben, um ihn singen zu hören, weichen. Weiß der Himmel keine Antwort auf diese verdrehten Geschlechterverhältnisse?
.der Boden trägt .ihre Schritte
.in leisen Folgen .
Und wieder die Verdrehung. Sie hat die Schlange besänftigt und ist nicht gestorben, also kann man ihre Schritte hören. Das blaue Haus sagt mir nichts (von Frida Kahlo mal abgesehen)... einzig vielleicht, dass der Himmel manchmal mit "blaues Haus" umschrieben wird. In der Unterwelt ist sie nicht, das war klar, aber ist sie jetzt tot und im Himmel gelandet? Nö, weil die Griechen keine solche Himmelsvorstellung haben, demnach wäre also das blaue Haus das vergnügliche Diesseits?
Es geht der Orpheus davon und niemand sieht Eurydice in ihrem eigenen Rücken. Hmhmhm. Zuerst wieder die verkehrung, dass es nicht E., sondern O. ist, durch dessen Weggang resp. Ableben die heile Welt bröselt. Warums sieht man aber dann nicht ihn nicht (welch grammatikalisches Unding), sondern E.?
Genau hier spießt's sich für mich und ich versteh's nicht. Und ohne den mythologischen Hintergrund könnt ich, glaub ich, nicht einmal wild herumraten, wie ich's jetzt getan habe, weil der Text selbst außer den mythologischen Anspielungen kaum was hergibt. Für mich zumindest. Von daher glaub ich eher nicht, dass das Gedicht ohne Mythologie lesbar ist?