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Noch etwas gefühlvolles. Zum Träumen.

Verfasst: 08.02.2005, 23:27
von Das Lyrische Glied
Gefühl!
Gefühl, Gefühl...

Was bist Du doch so blöd.

An jeder Ecke stehst Du,
Verwahrlost und heruntergekommen,
Und bittest um Almosen
Von reichen Obdachlosen.

Deine widerliche Nase steckst Du,
Unverschämt und aufdringlich,
In die entlegensten Löcher vergeistiger Institutionen
Und forderst Tribut.
Und förderst Skorbut.

Sag mir, Gefühl, Du bescheuertes Wort,
Da Du mir schon seit langem suspekt bist,
welcher politischen Ideologie hängst Du eigentlich an?

D.

Re: Noch etwas gefühlvolles. Zum Träumen.

Verfasst: 08.02.2005, 23:57
von Glaukos
Kann ich dir irgendwie helfen,
Lyrisches Glied?

Beste Grüße,
Tolya

Re: Noch etwas gefühlvolles. Zum Träumen.

Verfasst: 09.02.2005, 00:33
von Das Lyrische Glied
Nein, glaube nicht.

Re: Noch etwas gefühlvolles. Zum Träumen.

Verfasst: 09.02.2005, 01:15
von Glaukos
Ich habe ein paar deiner Einträge hier gelesen. Die meisten waren richtig puppenlustig, aber auch hysterisch und voller Selbstmaskerade. Passend zum Karneval, mit viel Helau und Tamtam.

Das hier ist einfach nur traurig.
Es verrät (mir) hinter den Zeilen eine grausame Depression. Etwas fast schon mörderisches - ich meine, etwas selbst-mörderisches.

Das ist kein Witz.
Auch wenn du so tust, solche Zeilen sind kein Witz.

Wer die Gefühle denunziert, der denunziert die Basis, auf der er existiert - es sei denn, er ist ein Roboter. Ohne Gefühle kann kein menschliches Wesen existieren. Es ist, als wolle man behaupten, das Blut sei schlecht, und müsse ersetzt werden durch einen anderen Stoff.

Du denunzierst es, und spielst dabei mit den Mitteln der Satire und Wortschwurbelei ("reiche Obdachlose"). Damit verdeckst du, dass es eigentlich EBENSO Gefühle sind, die hinter diesen Versen stehen und somit sich SELBST denunzieren.

Da führt sich dann das Gedicht (in meiner Lesart) selbst ad absurdum: Gefühle, die andere Gefühle attackieren.

Klar, du mixt noch Worte hinein wie "vergeistige Institutionen", "politische Ideologien". Das lenkt erst einmal ab, das führt auf falsche Fährten.

Letztendlich ist es für mich ein Vers über einen Irrtum. Bzw. ein Paradoxon.
"Alle Kreter lügen" ... nicht wahr?

Re: Noch etwas gefühlvolles. Zum Träumen.

Verfasst: 09.02.2005, 01:44
von Das Lyrische Glied
Paradox ohne Zweifel. Muß es auch sein.
Ich fühle mich derzeit allerdings insgesamt recht stabil, von daher würde ich mir an Deiner Stelle keine Sorgen um mich machen. Das Gefühl und ich sind schon seit Kindestagen überzeugte Feinde, aber wir haben uns weitestgehend ganz gut eingerichtet: Es belästigt mich nicht, ich belästige es nicht.
Derzeit ist es aber zu weit gegangen, und darum setzt's was.