Im Tode liegt die ganze neue Welt
Dem Sterbenden zu Füßen, der sich schnell
Auf seinen Weg begibt, scheint doch so hell
Das Licht am Tunnelende und nichts hält
Ihn auf, wenn er ins Todesreich nun fällt,
Wo Zerberos mit freundlichem Gebell
Ihn einlädt und ihm niedlich "Streich mein Fell!"
Mit Hundeaugen sagt, sodaß erhellt
Des Toten Ausdruck nun sogleich erscheint,
Und er es sich im Hades gut geh'n läßt,
Dieweil auf Erden seine Frau beweint,
Daß er nun steif und in den Sarg gepreßt
Dort vor ihr liegt und gar nicht so erscheint
Als fei'r er in der Unterwelt ein Fest.
Vom Tode
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Das Lyrische Glied
- Medusa
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Vom Tode
Das Lyrische Glied
Re: Vom Tode
Sorry, LG,
aber die Reime erscheinen mir zu oft wie "reim-dich-oder-ich-fress-dich".
Und warum steht dreimal "nun" im Text? Absicht?
Wenn ich mal eine heikle Frage stellen darf: Wie lange schreibst du eigentlich an so einem Gedicht?
Potenz hat das Ganze. Aber es klingt für mich nicht rund.
Salut
Tolya
aber die Reime erscheinen mir zu oft wie "reim-dich-oder-ich-fress-dich".
Und warum steht dreimal "nun" im Text? Absicht?
Wenn ich mal eine heikle Frage stellen darf: Wie lange schreibst du eigentlich an so einem Gedicht?
Potenz hat das Ganze. Aber es klingt für mich nicht rund.
Salut
Tolya
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Auf Eulen Schwingen
- Sphinx
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Re: Vom Tode
(1) Schnappen
Hui, der Cerberus schnappt nach Aeneas
(2) Beckmessern
Eine gscheite hedonistische Umdeutung (man vergleiche das gräuliche Unterweltbild oben)des Hades. Magnifice!
Das sind ungewöhnlich gute Texte, dear membrum lyricum, kann man nur marginal beckmessern und den esoterischen Philologen herauskehren:
Äh, den "Cerberus" lässt man griechisch mit "Kerberos" korrespondieren.
(3) Dämpfen
Und hier eine milde, liebesgeschüttelte Adoratio zum Valentinstag, die gar manche vagantenartige, sonettverliebte, villonsche Direktheit andernorts zu dämpfen versucht:
Endlich bin ich glücklich, ich weiß, was ich Dir schreiben kann,
da ich nicht fürchten muss/ dass ich Dir missfalle.
Was die Hoffnung mir riet, das verhinderte bisher die Furcht.
Jetzt aber bin ich froh/ Furcht und Not sind vorbei.
Sum felix tandem, quod nunc scio, quid tibi mandem,
cum iam non timeam, ne tibi displiceam.
Quod spes suadebat, metus hactenus impediebat.
At modo sum laetus, transiit ille metus.
Frons tua candida nix, nec crinis nec lumina pix.
Os tibi rubrificum, dens ebur egregium.
Gutture vel collo cedit tibi pulcher Apollo.
Cetera pulchra tibi cunctaque cara mihi.
Deine Stirne ist weißer Schnee, weder Haar noch Augen sind pech.
Dein Mund ist Dir rot der Zahn/ herrliches Elfenbein.
An Schwung des edlen Halses steht der schöne Apoll Dir wohl nach.
Schön ist das andre an Dir/ alles, alles mir lieb.
Hui, der Cerberus schnappt nach Aeneas
Cerberus haec ingens latratu regna trifauci
personat adverso recubans immanis in antro.
cui vates horrere videns iam colla colubris
melle soporatam et medicatis frugibus offam
obicit. ille fame rabida tria guttura pandens
corripit obiectam, atque immania terga resolvit
fusus humi totoque ingens extenditur antro.
occupat Aeneas aditum custode sepulto
evaditque celer ripam inremeabilis undae.
Continuo auditae voces vagitus et ingens
infantumque animae flentes, in limine primo
quos dulcis vitae exsortis et ab ubere raptos
abstulit atra dies et funere mersit acerbo;
hos iuxta falso damnati crimine mortis.
nec vero hae sine sorte datae, sine iudice, sedes ... (Aeneis)
(2) Beckmessern
Eine gscheite hedonistische Umdeutung (man vergleiche das gräuliche Unterweltbild oben)des Hades. Magnifice!
Das sind ungewöhnlich gute Texte, dear membrum lyricum, kann man nur marginal beckmessern und den esoterischen Philologen herauskehren:
Äh, den "Cerberus" lässt man griechisch mit "Kerberos" korrespondieren.
(3) Dämpfen
Und hier eine milde, liebesgeschüttelte Adoratio zum Valentinstag, die gar manche vagantenartige, sonettverliebte, villonsche Direktheit andernorts zu dämpfen versucht:
Endlich bin ich glücklich, ich weiß, was ich Dir schreiben kann,
da ich nicht fürchten muss/ dass ich Dir missfalle.
Was die Hoffnung mir riet, das verhinderte bisher die Furcht.
Jetzt aber bin ich froh/ Furcht und Not sind vorbei.
Sum felix tandem, quod nunc scio, quid tibi mandem,
cum iam non timeam, ne tibi displiceam.
Quod spes suadebat, metus hactenus impediebat.
At modo sum laetus, transiit ille metus.
Frons tua candida nix, nec crinis nec lumina pix.
Os tibi rubrificum, dens ebur egregium.
Gutture vel collo cedit tibi pulcher Apollo.
Cetera pulchra tibi cunctaque cara mihi.
Deine Stirne ist weißer Schnee, weder Haar noch Augen sind pech.
Dein Mund ist Dir rot der Zahn/ herrliches Elfenbein.
An Schwung des edlen Halses steht der schöne Apoll Dir wohl nach.
Schön ist das andre an Dir/ alles, alles mir lieb.
aes
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Das Lyrische Glied
- Medusa
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Re: Vom Tode
Glaukos:
Reim dich oder ich fress' dich: Ja und nein. Ich habe Reime gesucht; das ist aber beim Schreiben von Sonetten unerläßlich. Die Reime wirken aber m.E. an keiner Stelle bloß aufgezwungen. Auch dies ist unerläßlich, und ich meine, es erreicht zu haben.
"Nun" steht dreimal im Gedicht weil es dreimal paßt und außerdem sich gut als Füllwort (haddumich erwischt!) eignet.
An diesem Gedicht habe ich 15-25 Minuten geschrieben.
AES:
Leider ist mein Latein fast völlig eingerostet (Kleine Frage am Rande: Kann Gold rosten?)
Mein Latein ist also derzeit von Staub umhüllt, sodaß es mich einige Zeit kosten würde, den Teil aus der Aeneis zu lesen, den du mir zugesandt hast. Dazu bin ich noch besoffen. Ich werde das nachholen. "Kerberos" statt "Zerberos" nehme ich auf.
Danke für Deine Anerkennung aber allemal.
Im Anschluß: Das Gleiche, ohne dreimal "nun".
Im Tode liegt die ganze neue Welt
Dem Sterbenden zu Füßen, der sich schnell
Auf seinen Weg begibt, scheint doch so hell
Das Licht am Tunnelende und nichts hält
Ihn auf, wenn er ins Todesreich nun fällt,
Wo Kerberos mit freundlichem Gebell
Ihn einlädt und ihm niedlich "Streich mein Fell!"
Mit Hundeaugen sagt, sodaß erhellt
Des Toten Ausdruck dann alsbald erscheint,
Und er es sich im Hades gut geh'n läßt,
Dieweil auf Erden seine Frau beweint,
Daß er dort steif und in den Sarg gepreßt
Jetzt vor ihr liegt und gar nicht so erscheint
Als fei'r er in der Unterwelt ein Fest.
Reim dich oder ich fress' dich: Ja und nein. Ich habe Reime gesucht; das ist aber beim Schreiben von Sonetten unerläßlich. Die Reime wirken aber m.E. an keiner Stelle bloß aufgezwungen. Auch dies ist unerläßlich, und ich meine, es erreicht zu haben.
"Nun" steht dreimal im Gedicht weil es dreimal paßt und außerdem sich gut als Füllwort (haddumich erwischt!) eignet.
An diesem Gedicht habe ich 15-25 Minuten geschrieben.
AES:
Leider ist mein Latein fast völlig eingerostet (Kleine Frage am Rande: Kann Gold rosten?)
Mein Latein ist also derzeit von Staub umhüllt, sodaß es mich einige Zeit kosten würde, den Teil aus der Aeneis zu lesen, den du mir zugesandt hast. Dazu bin ich noch besoffen. Ich werde das nachholen. "Kerberos" statt "Zerberos" nehme ich auf.
Danke für Deine Anerkennung aber allemal.
Im Anschluß: Das Gleiche, ohne dreimal "nun".
Im Tode liegt die ganze neue Welt
Dem Sterbenden zu Füßen, der sich schnell
Auf seinen Weg begibt, scheint doch so hell
Das Licht am Tunnelende und nichts hält
Ihn auf, wenn er ins Todesreich nun fällt,
Wo Kerberos mit freundlichem Gebell
Ihn einlädt und ihm niedlich "Streich mein Fell!"
Mit Hundeaugen sagt, sodaß erhellt
Des Toten Ausdruck dann alsbald erscheint,
Und er es sich im Hades gut geh'n läßt,
Dieweil auf Erden seine Frau beweint,
Daß er dort steif und in den Sarg gepreßt
Jetzt vor ihr liegt und gar nicht so erscheint
Als fei'r er in der Unterwelt ein Fest.
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Re: Vom Tode
ok, hier die deutschen daktylischen Verslein vom Kerberos und Hades-Leid
Mit drei Rachen durchhallt das Gebiet laut bellend der große
Kerberos, grausig gestreckt in entgegenliegender Höhle,
Und schon sträubt sich sein Hals von den Nattern; da wirft die Prophetin,
Die es gewahrt, schlafbringenden Teig aus magischen Kräutern
Und aus Honig ihm vor. Mit dreifach klaffenden Schlünden
Schnappt er danach in hungriger Wut; dann dehnt er den grausen
Rücken und streckt sich mit riesigem Leib durch das ganze Geklüft hin.
Jetzt, da der Wächter betäubt, eilt rasch Aineias zum Eingang
Und vom Ufer hinweg des Gewässers, das keinen zurückträgt.
Stimmen nun hört man sofort und gewaltiges Kindergewimmer,
Säuglingsseelen, sogleich am Eingang weinend und klagend,
Sie, die, des freundlichen Lebens beraubt, vom Busen der Eltern
Raffte der finstere Tag, in den bitteren Tod sie versenkend.
Ihnen zunächst die auf falschen Verdacht zum Tode verdammt sind.
Doch nicht ohne Gericht und Verlosung erhalten den Platz sie!
Mit drei Rachen durchhallt das Gebiet laut bellend der große
Kerberos, grausig gestreckt in entgegenliegender Höhle,
Und schon sträubt sich sein Hals von den Nattern; da wirft die Prophetin,
Die es gewahrt, schlafbringenden Teig aus magischen Kräutern
Und aus Honig ihm vor. Mit dreifach klaffenden Schlünden
Schnappt er danach in hungriger Wut; dann dehnt er den grausen
Rücken und streckt sich mit riesigem Leib durch das ganze Geklüft hin.
Jetzt, da der Wächter betäubt, eilt rasch Aineias zum Eingang
Und vom Ufer hinweg des Gewässers, das keinen zurückträgt.
Stimmen nun hört man sofort und gewaltiges Kindergewimmer,
Säuglingsseelen, sogleich am Eingang weinend und klagend,
Sie, die, des freundlichen Lebens beraubt, vom Busen der Eltern
Raffte der finstere Tag, in den bitteren Tod sie versenkend.
Ihnen zunächst die auf falschen Verdacht zum Tode verdammt sind.
Doch nicht ohne Gericht und Verlosung erhalten den Platz sie!
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