Seite 1 von 1
o
Verfasst: 12.04.2005, 22:54
von Spiderman
o
Wenn sich die Zeit
ein bisschen nur krümmt
und einen Kreis formt,
dann brauchen wir nicht
von Unend-
und Endlichkeit mehr zu sprechen.
Sprechen wir lieber
vom Muster des Vorhangs,
Orangenorange
im Streifenwechsel mit Weiß.
Re: o
Verfasst: 13.04.2005, 08:15
von Silentium
Orangeweiß- so sind die Vorhänge in Jugendherbergen immer. 8-o
Ganz erlesen scheußliche Dinger.
Aber das Gedicht is großartig.
Re: o
Verfasst: 13.04.2005, 11:03
von charis
jo, gefällt mir auch, aber was mir ganz und gar nicht gefällt ist diese satzstellung:
dann brauchen wir nicht von Unend- und Endlichkeit mehr zu sprechen
diese trennung von
nicht und
mehr find ich beinahe schon schmerzhaft.

das macht mir einen knoten ins hirn. mit der zunge will ichs gar nicht ausprobieren.
außerdem drängt sich mir in dem wenn-satz irgendwie der konjunktiv auf...
insgesamt sehe ich also in der ersten strophe verbesserungspotenzial.
Re: o
Verfasst: 13.04.2005, 19:22
von Surjaninov
Ja, nach "Endlichkeit" wird man schon zu einer sehr langen Pause gezwungen. Oder geht nur mir das beim Lesen so?
Dann stört mich der "Streifenwechsel". Es wechseln nicht die Streifen, sondern die Streifenfarbe. Die Streifen sind doch warscheinlich alle gleich.
Insgesamt klingt das sehr gezwungen, oder nach allzu gewollter Wortschöpfung.
Aber das mit der Zeit und dem Kreis ist lustig. Wenn es so wäre, wo wär Anfang, wo Ende?
Oder ist es so?
O
Surja
Re: o
Verfasst: 15.04.2005, 20:59
von Spiderman
Okay, Ihr Lieben, ich nahm mir Eure Kritik zu Herzen und habe eine zweite Version erstellt.
@silence: war schon lange nicht mehr in Jugendherbergen. Wenn solche Assoziationen aufkommen, soll's mir nur recht sein.
@charis: Trennung von "nicht" und "mehr" fällt in Version 2 weg, weil "mehr" wegfällt. Das Aufdrängen des Konjunktivs kann ich verstehen, läßt sich allerdings nicht ändern, weil es in dem Gedicht um die Wirklichkeit und nicht um Möglichkeiten geht.
@surja: "Streifenwechsel" ist ausgewechselt. Und, ja, es ist so, dass die Zeit keine gerade Linie ist. Ich weiß nicht, ob das schon jemand herausgefunden hat, aber irgendein Quantenphysiker wird sich noch dazu berufen fühlen. Vielleicht ist die Zeit auch eine Achterbahn, eine Abwärtsspirale oder ein Wollknäuel. In V2 habe ich mal Achterbahn eingesetzt.
o
Wenn sich die Zeit
ein bisschen nur krümmt
und eine Achterbahn formt,
dann brauchen wir nicht
die Unend-
und Endlichkeit zu beschwören.
Beschwören wir lieber
das Muster des Vorhangs,
Orangenorange,
gestreift, im Wechsel mit Weiß.
Re: o
Verfasst: 15.04.2005, 21:19
von Silentium
Hmmmm... Achterbahn, das klingt irgendwie komisch. So nach Monopoly- außerdem is ne Achterbahn im Prinzip nur ein sehr eingedätschter Kreis. Spirale oder so was hätte was... ähm, metaphisischeres, weil "die Achterbahn des Lebens" irgendwie schon mal war (und mittlerweile tot ist).
Und du willst ABSICHTLICH Assoziationen mit Jugendherbergen wechseln? Wenn "Perlmutt" schon verboten ist, dann braucht man für "Jugendherberge" einen Waffenschein! :psycho:
"Beschwören" is aber noch besser als das Sprechen.
Re: o
Verfasst: 16.04.2005, 02:22
von Spiderman
Okay, kleine Änderung, vergeßt die Achterbahn.
o
Wenn sich die Zeit
ein bisschen nur krümmt
und eine waagrechte Acht formt,
dann brauchen wir nicht
die Unend-
und Endlichkeit zu beschwören.
Beschwören wir lieber
das Muster des Vorhangs,
Orangenorange,
gestreift, im Wechsel mit Weiß.
Re: o
Verfasst: 16.04.2005, 13:46
von Glaukos
Hallo Spider,
für mich ist das kein "Gedicht", sondern Prosa. Ich frag mich da wirklich, warum es ausgerechnet in Verse gesetzt ist. Es transportiert einen Gedanken (Vers 1), und ein Bild (Vers 2).
Einen Schönklang der Worte kann ich schwer ausmachen. Verse auch nicht. Es ist inhaltslastig ... natürlich kann jeder freie Verse schreiben, wenn er mag
Aber ich finde nicht, dass sie hier mehr "machen" als eine kurze Prosaskizze zu splitten und jedem einzelnen Wort mehr Gewicht zumessen wollen.
"Orangenorange" ist mir zuviel geklimpert, das passt nicht zur sonstigen Nüchternheit.
Also: Mich irritiert diese Skizze ...
Beste Grüße allenthalben,
Tolya
Re: o
Verfasst: 17.04.2005, 23:19
von Spiderman
Hi Glaukos,
Deiner Kritik kann ich wenig entgegensetzen, ohne dass wir in eine Grundsatzdiskussion "Was ist ein Gedicht?" geraten. Und solche Grundsatzdiskussionen interessieren mich nicht sonderlich. Freilich hast Du recht, dass mein Text weder Metrik, Reime, noch eine besondere lyrische Ästethisierung aufweist. Wozu also die Zeilenumbrüche? Meine Antwort ist, dass es einen Unterschied beim Lesen macht. Jeder Zeilenumbruch bedeutet eine Zäsur. Auch wollte ich mit den Zeilenumbrüchen durchaus eine rhythmische Lesweise nahe legen und tatsächlich habe ich bei dem Gedicht viel Zeit auf die rhythmische Gestaltung verwendet. Jetzt kann's durchaus sein - das habe ich nicht alleine zu beurteilen - dass mir das mißlungen ist und ich mir die Mühe hätte sparen können.
Aber warum irritiert Dich die Skizze? "Irritiert" klingt nach einer Reaktion, die ich mir wünsche, alles andere klingt nach "der Text gefällt mir nicht".
Grüße
Spiderman