.Sonett .die Glassängerin

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Glaukos
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.Sonett .die Glassängerin

Beitragvon Glaukos » 02.05.2005, 21:11

.Sonett .die Glassängerin


.Eurydice singt
.die Schlangen zu ihren Füßen tanzen
.der Himmel weiß .keine Antwort
.vorm Altar der Wolken

.schweigt Orpheus
.die Steine zu seinen Füßen weichen
.der Boden trägt .ihre Schritte
.in leisen Folgen .durchs blaue Haus

.ausschreitend .weithin .Orpheus
.und ganz ohne Lied .landeinwärts
.blüht diese Stunde dem Glück

.und welkte .gestern schon
.im Rücken der Glassängerin
.kann niemand mehr Eurydice sehn

NJKahlen
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Re: .Sonett .die Glassängerin

Beitragvon NJKahlen » 05.05.2005, 21:08

hallo!
du betitelst dein gedicht als "sonett". vielleicht bin ich einfach auch nicht kundig genug und es handelt sich um eine sonettform, die ich nicht kenne. aber nach meinem wissensstand handelt es sich hier nicht um ein sonett. - lass mich aber gern vom gegenteil überzeugen.(man ist ja lernfähig)
der sinn der interpunktion ist mir ebenfalls schleierhaft... :-&
lieben gruß: niko
alles bleibt so wie es nicht ist...

Glaukos
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Re: .Sonett .die Glassängerin

Beitragvon Glaukos » 05.05.2005, 22:30

Hallo Niko,

ich weiß, dass es ein paar Regeln gibt, nach denen man Sonette verfasst. Ich habe nur eine ganz einfache gewählt, die Zeilenstruktur: 4-4-3-3. Eigentlich gehört noch ein Reimschemata dazu, außerdem eine Silbenzahl - das kannst du am Besten im bei Metzler nachschauen, weil es wirklich sehr viele Varianten gibt ;-)
Meine freie Form orientiert sich an Rilkes "Sonette an Orpheus". Die sind auch sehr frei.

Die Interpunktion entspricht einer bestimmten Codierung der Web-Programmierung. Die fand ich einfach nur schick. Wenn ich mir schon so ein altertümliches Thema raussuche, dann wenigstens ein modernes Makeup ;-)

Hab Dank fürs Nachfragen,
liebe Grüße
Tolya

Glaukos
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Re: .Sonett .die Glassängerin

Beitragvon Glaukos » 17.05.2005, 18:14

So wenig Resonanz?
Schade.

Spiderman
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Re: .Sonett .die Glassängerin

Beitragvon Spiderman » 17.05.2005, 22:29

Hi Glaukos,

ich würde Dir gerne Resonanz bieten, allerdings kann ich das nicht. Das liegt weniger an dem Gedicht, sondern mehr an meiner Unwissenheit. Ich weiß gar nicht so genau, wer Eurydike und ORpheus waren. Ja, klar, schon mal gehört, irgendwann. Und hat Orpheus nicht gesungen? Aber da hört's schon auf. Entsprechend kann ich mit dem Gedicht nichts anfangen.

Stell doch mal ein neues Gedicht ohne Mythologie rein. :-)

Gruß

Spider
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Silentium
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Re: .Sonett .die Glassängerin

Beitragvon Silentium » 17.05.2005, 22:40

Orpheus gilt als Sohn des Gottes Apollo und der Muse Kalliope. Oder sein Vater war der König und Flußgott Oeagros, die Mutter Kalliope oder Polyhymnia. Als Mütter werden auch die Menippe und die Thamyris genannt.

Herangewachsen verließ Orpheus das elterliche Haus und begab sich nach Ägypten, wo er sich in Theologie und Sternenkunde bildete. Dabei entdeckte er die Harmonie der Sphären und auch, daß der Mond bewohnt sei. Außer diesen erwarb er auch in der Arzneikunst, insbesondere der Kräuterkunde, Gelehrsamkeit und galt den Griechen als Erfinder der Wissenschaften überhaupt, der auch die Schrift erfunden habe.

Am wunderbarsten war seine Sangeskunst. Vom Gott Apollo empfing er die siebenseitige Leier (Phorminx), die er um zwei Saiten erweiterte und als erster begann, zu ihrem Klang zu singen, während zuvor nur die Begleitung durch Flötenspiel üblich war. In der Dichtung gilt Orpheus als Erfinder des Versmaßes Hexameter.

Orpheus lehrte er nicht allein Wissenschaften und Künste, er führte auch den Dionysos-Kult ein und unterwies die Menschen darin, die Götter nach begangenen Verbrechen zu versöhnen.



Orpheus und Eurydike
Die geliebte Gattin des Orpheus war die Nymphe Eurydike. Als die durch den Biß einer Schlange starb und in den Tartaros verschied, folgte Orpheus ihr und stieg im kaenarische Vorgebirge in die Unterwelt herab. Hier erreicht er mit seinem bewegenden Gesang von dem Herrscherpaar der Unterwelt, Hades und Persephone, daß er Eurydike mit zurück ins Leben nehmen dürfe.

Während er so zum Klang seiner Saiten sang, begannen die blutlosen Seelen zu weinen,
Tantalos schnappte nicht nach dem entweichenden Wasser,
Ixions rad stand still,
an des Tityos Leib hackten nicht mehr die Geier,
keine Krüge trugen die Danaiden
und du, Sisyphus, ruhtest auf dem Felsblock aus.
(Ovid, Metamorphosen X.40-52)

Allerdings hatte er auf dem Rückweg seiner Gattin voranzugehen und durfte sich nicht ein einziges Mal zu ihr umsehen. Geführt vom Klang seiner Leier folgte Eurydike dem Orpheus durch die finsteren Gänge des Tartaros, doch bevor beide aus der Unterwelt gelangten, drehte sich Orpheus nach seiner Gemahlin um und verlor Eurydike so für immer.



Quelle: http://www.sungaya.de/schwarz/index.htm
I would go to the Dark Side in a heartbeat if I thought they had better dialog over there.
- Ursula Vernon

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Re: .Sonett .die Glassängerin

Beitragvon Glaukos » 18.05.2005, 01:43

Hi S1 und S2,

also ich hoffe, das Gedicht ist auch ohne Mythologie lesbar. Eurydice könnte doch auch einfach nur irgendeine Frau sein? Dann sollte das Gedicht noch immer funktionieren. Wäre doch schrecklich, wenn es abschreckte, nur weil die Dame solch einen Namen hat? ;-)

Beste Grüße
Tolya

PS: "Glaukos" ist auch ein Typ aus der Mythologie ;-)

Hilbi
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Re: .Sonett .die Glassängerin

Beitragvon Hilbi » 18.05.2005, 11:11

Ich finde seit Rilke ein Gedicht über dieses Thema geschrieben hat soll man die Finger davon lassen....


Orpheus. Eurydike. Hermes


Das war der Seelen wunderliches Bergwerk.
Wie stille Silbererze gingen sie
als Adern durch sein Dunkel. Zwischen Wurzeln
entsprang das Blut, das fortgeht zu den Menschen,
und schwer wie Porphyr sah es aus im Dunkel.
Sonst war nichts Rotes.

Felsen waren da
und wesenlose Wälder. Brücken über Leeres
und jener große graue blinde Teich,
der über seinem fernen Grunde hing
wie Regenhimmel über einer Landschaft.
Und zwischen Wiesen, sanft und voller Langmut,
erschien des einen Weges blasser Streifen,
wie eine lange Bleiche hingelegt.

Und dieses einen Weges kamen sie.

Voran der schlanke Mann im blauen Mantel,
der stumm und ungeduldig vor sich aussah.
Ohne zu kauen fraß sein Schritt den Weg
in großen Bissen; seine Hände hingen
schwer und verschlossen aus dem Fall der Falten
und wußten nicht mehr von der leichten Leier,
die in die Linke eingewachsen war
wie Rosenranken in den Ast des Ölbaums.
Und seine Sinne waren wie entzweit:
indes der Blick ihm wie ein Hund vorauslief,
umkehrte, kam und immer wieder weit
und wartend an der nächsten Wendung stand, -
blieb sein Gehör wie ein Geruch zurück.
Manchmal erschien es ihm als reichte es
bis an das Gehen jener beiden andern,
die folgen sollten diesen ganzen Aufstieg.
Dann wieder wars nur seines Steigens Nachklang
und seines Mantels Wind was hinter ihm war.
Er aber sagte sich, sie kämen doch;
sagte es laut und hörte sich verhallen.
Sie kämen doch, nur wärens zwei
die furchtbar leise gingen. Dürfte er
sich einmal wenden (wäre das Zurückschaun
nicht die Zersetzung dieses ganzen Werkes,
das erst vollbracht wird), müßte er sie sehen,
die beiden Leisen, die ihm schweigend nachgehn:

Den Gott des Ganges und der weiten Botschaft,
die Reisehaube über hellen Augen,
den schlanken Stab hertragend vor dem Leibe
und flügelschlagend an den Fußgelenken;
und seiner linken Hand gegeben: sie.

Die So-geliebte, daß aus einer Leier
mehr Klage kam als je aus Klagefrauen;
daß eine Welt aus Klage ward, in der
alles noch einmal da war: Wald und Tal
und Weg und Ortschaft, Feld und Fluß und Tier;
und daß um diese Klage-Welt, ganz so
wie um die andre Erde, eine Sonne
und ein gestirnter stiller Himmel ging,
ein Klage-Himmel mit entstellten Sternen - :
Diese So-geliebte.

Sie aber ging an jenes Gottes Hand,
den Schrittbeschränkt von langen Leichenbändern,
unsicher, sanft und ohne Ungeduld.
Sie war in sich, wie Eine hoher Hoffnung,
und dachte nicht des Mannes, der voranging,
und nicht des Weges, der ins Leben aufstieg.
Sie war in sich. Und ihr Gestorbensein
erfüllte sie wie Fülle.
Wie eine Frucht von Süßigkeit und Dunkel,
so war sie voll von ihrem großen Tode,
der also neu war, daß sie nichts begriff.

Sie war in einem neuen Mädchentum
und unberührbar; ihr Geschlecht war zu
wie eine junge Blume gegen Abend,
und ihre Hände waren der Vermählung
so sehr entwöhnt, daß selbst des leichten Gottes
unendlich leise, leitende Berührung
sie kränkte wie zu sehr Vertraulichkeit.

Sie war schon nicht mehr diese blonde Frau,
die in des Dichters Liedern manchmal anklang,
nicht mehr des breiten Bettes Duft und Eiland
und jenes Mannes Eigentum nicht mehr.

Sie war schon aufgelöst wie langes Haar
und hingegeben wie gefallner Regen
und ausgeteilt wie hundertfacher Vorrat.

Sie war schon Wurzel.

Und als plötzlich jäh
der Gott sie anhielt und mit Schmerz im Ausruf
die Worte sprach: Er hat sich umgewendet -,
begriff sie nichts und sagte leise: Wer?

Fern aber, dunkel vor dem klaren Ausgang,
stand irgend jemand, dessen Angesicht
nicht zu erkennen war. Er stand und sah,
wie auf dem Streifen eines Wiesenpfades
mit trauervollem Blick der Gott der Botschaft
sich schweigend wandte, der Gestalt zu folgen,
die schon zurückging dieses selben Weges,
den Schritt beschränkt von langen Leichenbändern,
unsicher, sanft und ohne Ungeduld.

Aus: Neue Gedichte (1907)
Wenn der Himmel so blau ist, warum wird es dann finster?

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Re: .Sonett .die Glassängerin

Beitragvon Glaukos » 18.05.2005, 11:22

Ich finde seit Rilke ein Gedicht über dieses Thema geschrieben hat soll man die Finger davon lassen....


Nun, Rilke hat ja einen ganzen Zyklus geschrieben ... dieses Gedicht hier kannte ich noch nicht, danke fürs Einstellen hier, Monsieur H.!

Allerdings ist das Argument oben nicht sehr stichhaltig, ja ich finde es sogar banal. Was sagtest du dann dazu, dass die Bachmann eines ihrer schönsten Gedichte auch zu diesem Thema verfasst hat? Hätt sie es nicht tun sollen, nee?

Hier der Link, es liest die Autorin selbst, und ich empfehle diese Hörfassung, weil eine Verszeile mit drin ist, die in der Printfassung (ich weiß nicht, wieso) herausgenommen worden ist.

http://www.gedichte.vu/mp3/Ingeborg_Bachmann_-_Dunkles_zu_sagen.mp3

Jedes mythische Thema ist unendlich interpretierbar, wäre ja noch schöner. Also, Widerspruch auf ganzer Linie.

Grüße,
Tolya

P.S.: Ja denk nur - nichtmal Rilke selbst hat sich an deinen Tipp gehalten und 15 Jahre später nach diesem schönen langen Gedicht seinen Sonett-Zyklus über Orpheus verfasst ...

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Re: .Sonett .die Glassängerin

Beitragvon razorback » 18.05.2005, 11:41

Ist Mr.Hilbi etwa Fundamentalist? Womöglich sogar militanter Rilkeist, einer von denen, die in geheimen Lagern ausgebildet wurden und vor denen der Herr Schilly und der Herr Bush immer warnen? 8-o
O You who turn the wheel and look to windward,
Consider Phlebas, who was once handsome and tall as You

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Re: .Sonett .die Glassängerin

Beitragvon Glaukos » 18.05.2005, 11:43

Nun ja, er macht es mir auch nicht eben leicht, wenn er meinen erklärten Säulenheiligen hier ins Spiel bringt ;-)

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Re: .Sonett .die Glassängerin

Beitragvon Hilbi » 18.05.2005, 11:45

klar bin ich das, wir haben hier sogar eine strasse und da gibts ein haus und da ist ein schild und da steht drauf "BinimLaden"
Wenn der Himmel so blau ist, warum wird es dann finster?

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Re: .Sonett .die Glassängerin

Beitragvon Hilbi » 18.05.2005, 11:46

Wir sollten über Lolek und Bolek schreiben, die sind ohnehin tausendmal aufregender als ein Orpheus
Wenn der Himmel so blau ist, warum wird es dann finster?

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Re: .Sonett .die Glassängerin

Beitragvon Glaukos » 18.05.2005, 11:51

Wir sollten über Lolek und Bolek schreiben, die sind ohnehin tausendmal aufregender als ein Orpheus



Wir?
Du und ich?
Oder wir alle - und jeder schreibt ne Zeile?

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Re: .Sonett .die Glassängerin

Beitragvon Hilbi » 18.05.2005, 11:55

alle....das wäre doch fein :-)
:-& :-))
Wenn der Himmel so blau ist, warum wird es dann finster?


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