Weltschmerz (Sonett)

Du schreibst Gedichte? Laß sie nicht in einer Schublade verschimmeln! Menschenbeifall wirst Du hier finden, aber auch Kritik und Rat.
NJKahlen
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Weltschmerz (Sonett)

Beitragvon NJKahlen » 06.05.2005, 21:22

Weltschmerz

Ein Sehnen hat die Tore aufgestossen.
Es weiß das Herz, dass es nie finden kann,
krümmt sich sowohl im Kleinen wie im Großen
vor Schmerz und klammert ängstlich sich daran.

Wo ist die Unbeschwertheit nur geblieben?
Wo sind die Rosen, wo das Himmelszelt?
Es ist als hätt´s ein Leichtes nie gegeben
auf dieser Welt, auf der ihn nichts mehr hält.

Stumm gellt ein Schrei tief aus des Mundes Höhle.
Der Boden glüht, auf dem er starr nun steht.
Es gießt der Schmerz ins Feuer seine Öle
und Flammen züngeln, dass das Sein vergeht.

Auch wenn das Herz dem Brennen widersteht
ist aller Schmerz, doch nicht die Glut verweht.
alles bleibt so wie es nicht ist...

Silentium
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Re: Weltschmerz (Sonett)

Beitragvon Silentium » 06.05.2005, 23:25

Hallo!

Also, ich schränke gleich am Anfang sicherheitshalber ein: was ich zu dem Gedicht zu sagen begriffen bin, ist nur ganz subjektiv die Meinung von einer, der mit Weltschmerz ohnehin wenig anfangen kann UND die nix von dem, was sie sagt, böse meint.

Aaalso *tiefdurchatem*:

Erstens: Ein shakespear'sches. Interessant. Sind irgendwie selten, weil die, die noch sonette schreiben, doch eher zum alexandriner tendieren. Schön, sowas auch mal zum lesen zu kriegen.

So sehr mir die Form auch taugt, schwierig wird's mit dem Inhalt:
Ein Herz, dass um die Vergeblichkeit seines Sehens weiß uns sich deshalb windet - okay, das ist nichts neues. Wäre aber wurscht, dass es nichts neues ist, wenn die Formulierung, die Metaphern neu wären, oder ein neuer Gedanke dazukäme. Auch nicht. Nur das etwas altbackene Herz, das sich vor Schmerz krümmt - wobei dir vorstellung von einem Herz, das sich krümmt, sowieso ein wenig befremdlich ist. Bildlich gesehen. Das kann stocken, krampfen, aussetzen, rasen, aber krümmen tut sich nur der Mensch.
Und was heißt "im Kleinen wie im Großen"? Wenn ich mich vor Schmerz krümme, dann tu ich das nicht im Großen oder im Kleinen, dann kann höchstens noch die Schmerzstärke ein bisschen variieren, aber niemand sagt: "So, heut krümm ich mich mal für die wirklich großen Sachen, morgen mach ich die Feinarbeit." Nö. Im Schmerz krümmen ist ein Gesamtbild, sozusagen. Von daher klingt die erste Strophe ein bissi sehr krud.

Dann: Rosen, Himmelszelt... auch nicht gerade was neues. Die zweite Strophe liese sich in zwei Wörtern zusammenfassen: "Depressiv Endstadium" und es wär nichts verschenkt. Wenn einem nur die Rosen und das Himmelszelt abgehen- dann fehlt mir der konkrete Grund, warum er sich so aufregt.

Eine Welt, auf der ihn nichts mehr hält, ein stummer Schrei, vergehendes Sein - alles schon dagewesen, und "tief aus des Mundes Höhle" klingt schon fast ein bissi nach Angina.

Und aus der letzten Strophe werd ich, ehrlich gesagt, gar nicht schlau. Was heißt das? Sogar wenn das Herz am Schluss nicht verbrannt ist, tut's nimmer weh, aber glüht noch immer? Gibt das einen Sinn?

Okay, vielleicht liegt's dran, dass es spät ist und ich heut schon ein bisschen zu doof, um dahinterzublicken, dann tut's mir leid. Sonst fehlt mir einfach jede neue Metapher, jeder neue Gedanke. Nur eine komplizierte Versform (obwohl die als solche ja entzückend für mich Reimfetischistin ist :-D ) reichen mir nicht ganz.

Sorry, Silentium

P.S. Wie gesagt: vielleicht fällt ja jetzt das ganze Forum über mich her, weil ich was übersehen und folglich Blödsinn geredet habe. Alles schon gehabt. :-D
I would go to the Dark Side in a heartbeat if I thought they had better dialog over there.
- Ursula Vernon

NJKahlen
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Re: Weltschmerz (Sonett)

Beitragvon NJKahlen » 06.05.2005, 23:42

hallo silentium!
danke zunächst mal, dass du liest und kritisierst. es ist ja nun immer hilfreich, offene worte zu lesen. von "schön" und allgemeinem schnick-schnack hat man ja nüscht
es ehrt mich, dass du als *reimfeteschistin* dieses shakespeareform-sonett IN SEINER FORM gut findest.
das ist doch schomma was.
inhaltlich....hm....naja...da will ich mal abwarten, was sonst noch so an anmerkungen kommt. ok?
ich werd mich dann dazu auf jeden fall noch äußern!
also: tieeef ausatmen!
alles wird gut :-D
lieben gruß: niko
alles bleibt so wie es nicht ist...

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Re: Weltschmerz (Sonett)

Beitragvon vogel » 07.05.2005, 13:23

Hallo Hallo ...


Nun ja, ich kann mich vielem was Silly sagte, anschließen, aber meine Liebe, sei nich so kleinfusselig, du übertreibst nen bissel ...

Aber ich mein mal ... Wir beide haben ja schon viel davon gelesen, also von dem Thema. Und ich denke wir sollten nicht immer so kleinfusselig sein (mir fällt das Wort jetz nicht ein ... ) .. Sieh es doch mal so. Jeder erlebt es anderes. Der eine Intensiver .. Und blablabla.


Zum Text.

Also wenn ich ehrlich bin ... Mir kommt kaum (ich will vermeiden ganz zu verneinen ...) Stimmung auf. Was hat der Weltschmerz mit dem persönlichem Leid zu tun ... ?! Ich mein, was ich in den letzten Tag mein Zimmer unter h2o gesetzt habe, davvon is die Welt auch nicht untergegangen ... Echt jetz Junge ...

Ich weiß nicht, mein Hauptargument ist echt, dass Stimung fehlt, es reizt mich nicht. Gestern wurde es mir vorgelesen, nicht mal das half was (ich höre Gedichte auch sehr gern ^^ anstatt sie selber zu lesen ..) Ja und es war nichts.


Ach, na ich weiß doch auch nicht.



Liebste Grüße,

kleinbirdy




PS : Geht im Moment das SOnnetfieber um ? Bloß gut, ich bin nich gefährdert weil ich nich Reimen kann und Rhythmisch auch nen Lossy bin :-D
Mein Ich ist ein Pfogel aus Metall, doch Du hast ihn berührt und beschützt.

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Re: Weltschmerz (Sonett)

Beitragvon Hamburger » 07.05.2005, 14:45

Hallo Niko,

ob jetzt kleinfusselig (schönes Wort übrigens, es sollte viel öfter in den Medien verwandt werden..."jetzt seien sie doch nicht so kleinfusselig" :-D ) oder nicht - ich kann mit dem Gedicht wenig anfangen.

Ich finde es sehr pathetisch (dazu muss ich bemerken, dass ich Pathos nicht besonders mag, vielleicht eine Schwäche von mir) und die verwandten Begriffe sind eher leidige Abstraktionen, die so allgemein sind, dass sie in mir nichts auslösen..."das Sehnen", der "Schmerz" (mit Titel 4mal!!!!), "ein Leichtes" etc.

Ich kann mir hinter diesem Gedicht nichts denken, jedenfalls nichts dass mich rühren könnte - keine Geschichte, keine Begebenheit, keine Person, kein Schicksal.

Dazu sorgt das Spielen mit abgetakelten Sprichwörtern wie "Öl ins Feuer gießen" oder das Verwenden von nichtssagenden Wendungen wie "im Kleinen wie im Großen" eher dafür, dass das Gedicht an mir völlig vorbei geht, weil ich solcherlei bereits tausend Mal las. Das hat bestenfalls die Qualität von Binsenweisheiten.

Die Verbindung zwischen Weltschmerz und persönlichem Leid finde ich auch...hmmm... arg konstruiert.

Soweit meine unmaßgebliche Ansicht.

Liebe Grüße,

Ham
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Re: Weltschmerz (Sonett)

Beitragvon Spiderman » 08.05.2005, 18:56

Hallo Niko,

von meiner Seite auch ein herzlich Willkommen im Forum!

Zu dem Gedicht hat Silentium das Wesentliche schon gesagt. Für mich zeigt es folgendes:
a) Du kannst schreiben, kommst mit (nicht ganz einfachen) lyrischen Formen zurecht. Das läßt hoffen, dass noch einiges Gutes von Dir kommt.
b) Bei diesem Gedicht hast Du inhaltlich und metaphorisch ziemlich arg in der lyrischen Mottenkiste vergriffen. Da wirkt das Gedicht altbacken pathetisch.

Gruß

Spiderman
Die nette Lyrik-Spinne von nebenan!

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Re: Weltschmerz (Sonett)

Beitragvon NJKahlen » 13.05.2005, 16:31

so...
jetzt habe ich die herben kritiken einigermaßen verarbeitet.... :-& :-o B-) ;-)
also....weltschmerz und eigenes leid - natürlich gibt es da eine verbindung. weltschmerz bedeutet ja nicht "schmerz der welt", sondern "schmerz über (gott und) die welt". es ist ein zaudern, hadern, selbstzweifel, zweifeln an allem, der welt eben....
ich gebe zu, dass dieses gedicht nicht wirklich neues beinhaltet. alles auf einen nenner gebracht: aufgewärmt, phrasenartig.

nun...-ich bin schon glücklich, dass die form keinen punkt der beanstandung findet. ich mag die sonettform sehr. sie bringt beim schreiben jene melancholische stimmung, die ich damit vermitteln wollte. das alleine reicht noch nicht. weiß ich. aber vielleicht bin ich ein wenig verhaftet gewesen in dieser stimmung, habe mich auch in jahren zurücktreiben lassen und mich den aussagen angepasst, die herkömmlicherweise seinerzeit gang und gäbe waren.
ganz verwerfen mag ich dieses sonett dennoch nicht. denn so pauschal, wie die worte sein mögen, so pauschal ist auch die stimmung, die schon im titel dieses allgemeine leiden zeigt. passt also meines erachtens dennoch ganz gut zusammen...
lieben gruß: niko
alles bleibt so wie es nicht ist...

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Re: Weltschmerz (Sonett)

Beitragvon Flocke » 13.05.2005, 17:45

Hallo, Niko.

...denn so pauschal, wie die worte sein mögen, so pauschal ist auch die stimmung, die schon im titel dieses allgemeine leiden zeigt.


Das ist vielleicht genau der springende Punkt. Dein Gedicht ist zu allgemein, zu pauschal, um irgendetwas Tieferes beim Leser auszulösen.
Mir wird immer gesagt, ein Text sollte konkret sein, persönlich, an einem Punkt festgemacht, nicht voller Allgemeinplätze.

Wenn du sagst, du bist beim Schreiben in den Jahren zurückgewandert, gibt es da kein Ereignis, was deine traurige Stimmung ausgelöst haben könnte, auf das man das Gedicht aufbauen kann? Und dann ein paar weniger abgegriffene Bilder sucht?

Lieber Gruß
Flocke
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NJKahlen
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Re: Weltschmerz (Sonett)

Beitragvon NJKahlen » 13.05.2005, 20:51

ich werd mal ein neues probiern.....demnächst,,,,

lieben gruß: nj
alles bleibt so wie es nicht ist...


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