Der

[Hilbi]

es war ein launischer heißer sommernachmittag.
die duschen waren alle besetzt.
nur die duschen in den singelwohnungen nicht.
ein selbstmörder stand auf dem dach eines hochhauses.
er hatte für diesen moment die beste aussicht.
aber die aussicht war ihm ziemlich egal.
er hielt ein blatt in der hand und blies die backen auf.
ein feuerwehrmann der knapp neben ihn stand stank nach zwiebeln
seine großmutter hatte ihn zuerst mit zwiebelwurst und dann noch mit zwiebelkäse gefüttert.
der feuerwehrmann dachte wie leicht es wäre jetzt einfach nachhause zu gehen.
zuhause kam einer seiner lieblingssendungen; „dein star zieht sich für dich aus“;
man brauchte nur anrufen und schon zog sich der star nach deiner wahl aus;
komisch dass es immer dieselben waren die gewählt wurde; z.b eine blonde frau mit blauen lippen und tiefen wimpern; über ihre brüste mochte er jetzt nicht nachdenken; er würde dann vielleicht selber herunterspringen weil er es eigentlich ziemlich gemein fand in dieser art auf die brüste einer fremden frau zu starren;
der selbstmörder aber schaute nach unten;
unten stand eine menge publikum; viel mehr als bei einer seiner letzten lesungen; denn wie man nun leicht bemerkte war der selbstmörder ein dichter; ein dichter der mehr
stühle als leser besaß muss noch lange kein schlechter dichter sein; aber bei ihm war es eben so; er besaß mehr stühle als leser und er war ein schlechter dichter...
die schornsteine qualmten weiter in der umgebung; ein paar läufige kater trieben sich herum; sie trieb die triebsucht; was wohl sonst;
die züge fuhren ab; kamen an; nur der bahnhof blieb stehen und die käfige die in der stadt manchmal mitbegraben wurden wenn irgendein haustier einfach nicht sterben wollte;
der selbstmörder schaute auf die leute; wie gierig sie ihn ansahen; dachte er; aber sie waren gar nicht gierig; sie hatten einfach keine lust diese telefonnummer zu wählen und den star zu wählen der sich für sie auszog; es waren ohnehin immer dieselben; mal ein mann mit gebräunten augen und einer zunge wie die einer giraffe und mal die schon erwähnte frau;
einer band sich die schnürsenkel; er tat dies mit einer ruhe die jeden beruhigte,
„ich lese euch ein gedicht vor“; rief der selbstmörder....dem feuerwehrmann traf diese ansage wie ein blitz;
gedichte hatte er früher auch geschrieben bevor er zur feuerwehr gekommen war;
es waren gedichte über lustige dinge; spucke die nach oben fiel; oder klein karierten kantieszucker; wache worte; sätze die man abstreifen aber nicht ablutschen konnte; sätze die ohne geschmack auskamen; gedichte über die man manchmal stolperte wenn man sich an sie erinnerte
womöglich würde er sie wiederfinden; wenn er den dachboden ausmistete; oder
in den geheimen schatullen seiner frau nachsehen dürfte;
aber schwamm drüber;
der selbstmörder war verunsichert;
die leute wurden still;
sie wollten scheinbar wirklich hören was der selbstmörder geschrieben hatte;
vielleicht gefiel es ihnen und sie wurden öfter kommen;
dieser gedanke machte ihn lachen;
er hielt seinen mund auf und wollte beginnen;
aber sein mund war trocken;
er bekam keinen ton heraus;
da nahm er das gedicht und liess es nach unten fallen;
als es unten ankam war schon sehr lange kein mensch mehr da

[Edekire]

Hilbi, das gefällt mir.
Weißt du was, ich finde es irgendwie auch schlüssig. So vom Ablauf her. Schön böse und irgendwie traurig. Ich kann mir das alles sehr schön vorstellen. Das musste ich doch mal sagen, damit das nicht als 0 im Archiv verschwindet, weil ich finde, dass der Ablauf darin, es aus von anderen Gedichten von dir abhebt. Nicht das die anderen schlecht wären, aber ich finde es irgendwie anders.
Deshalb ist es in dem fall auch nicht das immer gleich Lob

Lg

Edekire