Hallo gelbsucht!
Ich mag an diesem Gedicht vor allem die letzten zwei Strophen, in denen deutlich wird, dass das Kind gestorben ist. Die gehen ganz tief rein, vor allem der Wechsel zwischen der Beschreibung des Kindes in der dritten Strophe und der Beschreibung der Natur in der vierten Strophe.
Dennoch entfaltet dieses Gedicht bei mir nicht die Wirkung, die es hätte entfalten können. Das liegt zunächst einmal an der 1.Strophe...
Die Bäume durchdringt,
Elegisch erklingt
Und säuselt der Wind:
Was träumst du, mein Kind?
Über die beiden mittleren Zeilen stolperte ich beim Lesen sofort. Die lesen sich sehr ungewohnt, da die Frage was denn nun erklingt gleichzeitig mit der Frage was das, was erklingt, tut, beantwortet wird.
Das kann man für poetisch halten. Ich halte es für etwas schwelgerisch und überzogen.
Insbesondere finde ich die Verbindung mit dem "Und" ganz und gar nicht gelungen. Zunächst war ich mir gar nicht sicher ob der Wind erklingt oder etwas anderes, bevor der Wind zu säuseln beginnt.
Statt
Elegisch hätte meiner Meinung nach ein etwas simpleres Wort besser zu der recht einfachen übrigen Sprache gepasst.
Zweite Strophe:
September ist bald,
Was schläfst du im Wald,
Mit offenem Mund,
Auf modrigem Grund?
Es ist also August. Aber gerade im August kann man doch wunderbar im Wald schlafen. Auch nachts. Es hätte eine Jahreszeit - und zwar der Herbst - angesprochen werden müssen, bei dem sich der Leser erst einmal wundert, warum das Kind dort schläft. Das würde die nächsten beiden Strophen viel effektvoller in Szene setzen. Also "Oktober ist bald" oder noch besser "November ist bald".
Für den letzten Grund, warum dieses Gedicht nicht seine volle Wirkung bei mir entfalten kann, kannst du wiederum nichts. Ich kannte schon vorher ein Gedicht von Rimbaud (ich glaube, da geht es um einen toten Soldaten, der im Sommer auf einer Wiese liegt), das exakt nach dem gleichen Strickmuster aufgemacht ist und aufgeht. Daher wusste ich leider schon beim ersten Lesen, wie das Gedicht ausgehen wird.
Trotzdem ist dieses Gedicht eines der wenigen deinerseits, bei denen ich auf Anhieb mit dem Inhalt etwas anfangen kann. Dies ist nicht als Kritik gemeint, sondern nur als sachliche Feststellung. Alleine deshalb gefällt mir das Gedicht (auch ein simpler Mensch wie ich versteht es

)
MFG,
Hamburger