Der Kurier
Verfasst: 29.08.2004, 02:04
Der Kurier
Gelegentlich nehme ich blind
eine Auffahrt, ohne zu wissen,
ob ich richtig bin
und ob ich's überhaupt darf.
Dann frage ich mich,
ob ich jetzt im doppelten Wortsinn
ein Geisterfahrer
und ein Risiko für die Sicherheit bin.
Schließlich sagen ja viele,
ich seh aus wie ein Geist.
Ich dreh das Radio laut
und wart auf mich im Verkehrsfunk.
Gerne erzählte ich mir diesen Witz:
„Ein Geisterfahrer?! Hunderte!"
Freilich komme ich nie dazu,
irgendwie lande ich immer
auf der richtigen Spur.
„Schade" denke ich manchmal,
doch meistens denke ich „Gott sei dank".
Nennt mich einen Versager,
denn ich bin ein Versager,
mehr als Kurier ging bei mir nicht,
mein Job ist ganz sicher nicht populär.
Für wen ich arbeite? Gute Frage.
Blaue Pappschachteln
liefere ich ab bei den Leuten
und die sind ganz leer,
die Pappschachteln, mein ich,
das heißt, eigentlich nicht nur die.
Und irgendwie wundert's mich nicht,
dass sich so mancher beschwert,
aber was soll's,
das ist halt mein Job
und ich bin ein Versager.
Ich bin so hässlich
wie ein von Maden zerfressener Pfau.
Ich hab die Zielstrebigkeit einer Qualle
und die Logistik eines pissenden Bullen,
mal die eine Richtung, mal die andere,
wo ich grad hinfahre,
lass ich gerne den Zufall entscheiden.
Nennt mich einen Versager
und ich denk mir „Scheiße, was soll's?"
Die Leitplanken auf der Fahrt,
die Alleebäume und die großen Laster
mit den Schildern
vorne im Führerhaus,
den Vornamen der Fahrer,
das alles übt eine besondere Magie,
eine Anziehungskraft auf mich aus,
einfach rumreißen den Lenker
und aufhören,
einfach aufhören.
Irgendwie wär es schon paradox,
sollte ich sterben.
Wie eine Ratte, die sich selber verspeist.
Dabei lebe ich gern.
Ihr wisst nicht,
wie gut zu einem doppelten Espresso
am Morgen, wenn's noch dunkel ist,
meine Zigarette mir schmeckt.
Ihr wisst nicht,
wie schön's für mich ist,
das La Scala Konzert vom Keith Jarrett
ganz laut in meinem Wagen zu hören.
Die Stimmung nachts auf der Autobahn,
manchmal könnte ich heulen,
weil's so schön ist.
Ich mag die Luft, die ich atme,
auch wenn sie allzu oft stinkt.
Nennt mich ruhig einen Versager,
denn ich bin ein Versager,
aber wahrscheinlich seid ihr zu höflich,
mich einen Versager zu nennen.
Scheiß auf eure Höflichkeit,
ich kenne eure Einfühlsamkeit,
eure gewählten Worte,
eure Empfindungen, euer Sehnen.
Scheiß drauf!
Scheiß auf euren Zwang,
euch selbst zu perfektionieren.
Scheiß auf eure Häuser und Autos
und Scheiß auf euren Verzicht,
auf eure Gesinnung, eure Ehrlichkeit,
Scheiß auf eure geschmackvolle Kleidung.
Scheiß auf eure religiöse Erleuchtung,
Scheiß auf eure künstlerischen Ambitionen,
Scheiß auf eure tollen Berufe
und die schönen Männer und Frauen,
die Ihr Lebenspartner nennt.
Scheiß auf euer Geliebt-werden-Wollen.
Ihr glaubt, ihr könntet etwas erreichen.
Scheiß auf eure Ziele im Leben,
Scheiß auf euer Wünschen und Sehnen.
Ich bin ein Versager
und ihr könnt einen drauf lassen,
dass ich verdammt nochmal stolz darauf bin.
Ich werde zur Stelle sein,
rechtzeitig, verlaßt euch darauf.
Die rechte Zeit kann jederzeit sein.
Mit der blauen Schachtel
stehe ich vor der Tür.
„Time to go, Freunde!"
heißt's dann, „Servus, das war's!"
Was hattet ihr anderes erwartet?
Den schwarzem Umhang?
Die Sense und die knöcherne Hand?
Mein Job ist banal, mein Auftreten nüchtern.
Nennt mich einen Versager,
denn ich bin ein Versager.
Ich versage euch jeden Rest,
von dem ihr meint, das er bleiben könnte,
euer Leben, eure Absurdität,
kompromißbereit war ich noch nie.
Ihr glaubt nicht daran?
Ihr meint, dass was bleibt?
Ein Gedanke, eine Idee?
Die Erinnerungen anderer Menschen?
Fingerabdrücke gelöst von Raum und von Zeit?
Bitte, jede Wette gehe ich ein
und gewinn sie am Ende ja doch:
was ihr in diesem Augenblick seid,
ist ein Mißverständnis, ist Illusion,
denn im Endeffekt seid ihr, Gott weiß,
Funken beim Verschwinden im Nichts.
Gelegentlich nehme ich blind
eine Auffahrt, ohne zu wissen,
ob ich richtig bin
und ob ich's überhaupt darf.
Dann frage ich mich,
ob ich jetzt im doppelten Wortsinn
ein Geisterfahrer
und ein Risiko für die Sicherheit bin.
Schließlich sagen ja viele,
ich seh aus wie ein Geist.
Ich dreh das Radio laut
und wart auf mich im Verkehrsfunk.
Gerne erzählte ich mir diesen Witz:
„Ein Geisterfahrer?! Hunderte!"
Freilich komme ich nie dazu,
irgendwie lande ich immer
auf der richtigen Spur.
„Schade" denke ich manchmal,
doch meistens denke ich „Gott sei dank".
Nennt mich einen Versager,
denn ich bin ein Versager,
mehr als Kurier ging bei mir nicht,
mein Job ist ganz sicher nicht populär.
Für wen ich arbeite? Gute Frage.
Blaue Pappschachteln
liefere ich ab bei den Leuten
und die sind ganz leer,
die Pappschachteln, mein ich,
das heißt, eigentlich nicht nur die.
Und irgendwie wundert's mich nicht,
dass sich so mancher beschwert,
aber was soll's,
das ist halt mein Job
und ich bin ein Versager.
Ich bin so hässlich
wie ein von Maden zerfressener Pfau.
Ich hab die Zielstrebigkeit einer Qualle
und die Logistik eines pissenden Bullen,
mal die eine Richtung, mal die andere,
wo ich grad hinfahre,
lass ich gerne den Zufall entscheiden.
Nennt mich einen Versager
und ich denk mir „Scheiße, was soll's?"
Die Leitplanken auf der Fahrt,
die Alleebäume und die großen Laster
mit den Schildern
vorne im Führerhaus,
den Vornamen der Fahrer,
das alles übt eine besondere Magie,
eine Anziehungskraft auf mich aus,
einfach rumreißen den Lenker
und aufhören,
einfach aufhören.
Irgendwie wär es schon paradox,
sollte ich sterben.
Wie eine Ratte, die sich selber verspeist.
Dabei lebe ich gern.
Ihr wisst nicht,
wie gut zu einem doppelten Espresso
am Morgen, wenn's noch dunkel ist,
meine Zigarette mir schmeckt.
Ihr wisst nicht,
wie schön's für mich ist,
das La Scala Konzert vom Keith Jarrett
ganz laut in meinem Wagen zu hören.
Die Stimmung nachts auf der Autobahn,
manchmal könnte ich heulen,
weil's so schön ist.
Ich mag die Luft, die ich atme,
auch wenn sie allzu oft stinkt.
Nennt mich ruhig einen Versager,
denn ich bin ein Versager,
aber wahrscheinlich seid ihr zu höflich,
mich einen Versager zu nennen.
Scheiß auf eure Höflichkeit,
ich kenne eure Einfühlsamkeit,
eure gewählten Worte,
eure Empfindungen, euer Sehnen.
Scheiß drauf!
Scheiß auf euren Zwang,
euch selbst zu perfektionieren.
Scheiß auf eure Häuser und Autos
und Scheiß auf euren Verzicht,
auf eure Gesinnung, eure Ehrlichkeit,
Scheiß auf eure geschmackvolle Kleidung.
Scheiß auf eure religiöse Erleuchtung,
Scheiß auf eure künstlerischen Ambitionen,
Scheiß auf eure tollen Berufe
und die schönen Männer und Frauen,
die Ihr Lebenspartner nennt.
Scheiß auf euer Geliebt-werden-Wollen.
Ihr glaubt, ihr könntet etwas erreichen.
Scheiß auf eure Ziele im Leben,
Scheiß auf euer Wünschen und Sehnen.
Ich bin ein Versager
und ihr könnt einen drauf lassen,
dass ich verdammt nochmal stolz darauf bin.
Ich werde zur Stelle sein,
rechtzeitig, verlaßt euch darauf.
Die rechte Zeit kann jederzeit sein.
Mit der blauen Schachtel
stehe ich vor der Tür.
„Time to go, Freunde!"
heißt's dann, „Servus, das war's!"
Was hattet ihr anderes erwartet?
Den schwarzem Umhang?
Die Sense und die knöcherne Hand?
Mein Job ist banal, mein Auftreten nüchtern.
Nennt mich einen Versager,
denn ich bin ein Versager.
Ich versage euch jeden Rest,
von dem ihr meint, das er bleiben könnte,
euer Leben, eure Absurdität,
kompromißbereit war ich noch nie.
Ihr glaubt nicht daran?
Ihr meint, dass was bleibt?
Ein Gedanke, eine Idee?
Die Erinnerungen anderer Menschen?
Fingerabdrücke gelöst von Raum und von Zeit?
Bitte, jede Wette gehe ich ein
und gewinn sie am Ende ja doch:
was ihr in diesem Augenblick seid,
ist ein Mißverständnis, ist Illusion,
denn im Endeffekt seid ihr, Gott weiß,
Funken beim Verschwinden im Nichts.