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KÜHLE HAUT
Verfasst: 30.08.2004, 00:35
von Hieranonuemus
Sind Vogelstimmen, kleine Flaschen,
die, (halb offene Lider), ich schiel:
ein Beistelltisch, so Piccolos sind
im trüben Morgenlicht zu sehen.
Viel zu müde. Ist das dein Rücken?
Ich halt die Augen zu, versprochen.
Wie nennt man diese Stelle über
deinem Po? Das sind bloss die Finger,
mit denen ich nach Härchen taste.
Sei nicht so streng. Bloss, ich seh das so:
Ist noch viel zu früh für Gespräche.
Du hast so einen kalten Rücken.
Ich sag dir: Bin noch vielzumüde.
Kannst Du nach mir greifen? Komm sei nett.
Doch das tu ich. Dein wippender Fuss.
Letztes Fläschchen Sekt kippt aufs Parkett.
Re: KÜHLE HAUT
Verfasst: 30.08.2004, 10:55
von Flocke
Guten Morgen, Hieranonuemus.
Hm, das Gedicht hat was, klingt wie der Morgen nach einer durchfeierten Nacht. Bin mir nur nicht sicher, ob's der Heimweg oder das gemeinsame Aufwachen ist. Aber wegen der Kühle wohl eher der Heimweg.
Ist das Absicht, dass du "vielzumüde" so schreibst? Dein Li nuschelt wohl noch etwas, hm?
Gruß
Flocke
Re: KÜHLE HAUT
Verfasst: 30.08.2004, 20:40
von Surjaninov
Hallo
Flocke, ich muss dir wiedersprechen. Es ist nicht der Heimweg, nicht für mich.
Ich sehe die Szene so: Er und Sie sind zu Hause. Irgendwo, nach einer langen nacht. Auf einem Tisch stehen noch die Reste des Abends: "Piccolos". Da liegen sie nun, die AUgen geschlossen, und wissen nichts mit sich anzufangen. Nur er scheint etwas im Sinn zu haben. Er fordert, macht Andeutungen. Andeutungen macht auch das Gedicht selbst.
- Der Typ gefällt mir gar nicht. Er ist zu forsch:
"Komm sei nett."
"Sei nicht so streng"
- Er will etwas...
- Was führt er im Schilde? Mal sehen:
"Kannst Du nach mir greifen"
"mit denen ich nach Härchen taste"
- Einzig dieses "Bin noch vielzumüde" macht mich stuzig. Sagt man ja normalerweise nur nach dem aufstehen. Oder?? Vielleicht will er nicht aktiv werden. Vielleicht soll sie ja?
Naja...
Der sowieso falsch liegende
Surja
Re: KÜHLE HAUT
Verfasst: 30.08.2004, 21:16
von razorback
Sosehr ich ihm bei Finat widersprach, so einig bin ich mit Surja hier:
Der Typ gefällt mir gar nicht. Er ist zu forsch
Yep. Und irgendwie hat diese fordernde Koserei etwas Öliges, sorry. Das kann natürlich auch Absicht gewesen sein, in dem Falle ist es gelungen.
Re: KÜHLE HAUT
Verfasst: 31.08.2004, 09:43
von Flocke
Tja, Jungs, wenn ich so noch mal drüber nachdenke, habt ihr wohl rechter als ich. Eure Deutung macht etwas mehr Sinn. Aber nichts desto trotz ein schönes Gedicht, mit öligem Kerl und strenger Braut...
Gruß
Flocke
Re: KÜHLE HAUT
Verfasst: 31.08.2004, 23:42
von charis
also ich weiß nicht, ich finde den typen nicht so schlecht wie ihr... warum auch?
das gedicht ist wie ein polaroid, egal ob nach dem heimkommen oder nach dem aufwachen, der restalkohol macht aus männern forsche oder auch frösche, eine situation die jede(r) doch schon mal irgendwie erlebt hat, vielleicht nach einem streit, machts sex wieder gut, vielleicht nicht, aber was solls, schlafen wir drüber...
super!!
Re: KÜHLE HAUT
Verfasst: 04.09.2004, 12:45
von Spiderman
Mensch, razorback und Surja, behauptet bitte nicht, Ihr wäret noch nie in so einer Situation gewesen: zerknittert, betrunken, wollt undbedingt Sex und grabt die Frau des Augenblicks ungeschickt an. Hey, Männer! Das Ölige ist uns doch in die Wiege gelegt!
Ich finde, es ist ein ganz hervorragendes Anti-Erotik-Gedichte! Allein der Titel "Kalte Haut" - da kann sich Hieranonymous mit H.E. "Tag X" die Hand reichen, das klingt wie ein Rammstein-Titel! Das Verpennte, Fordernde, Quengelnde des LI kommt in Syntax, Rhythmik und Wortwahl hervorragend rüber. Man kann fast schon den morgendlichen Mundgeruch dieser Szene riechen.
Das größte Lob gibt es dafür, dass es endlich mal wieder ein klar verständliches Gedicht ist!
Gruß
Spiderman
Re: KÜHLE HAUT
Verfasst: 04.09.2004, 13:59
von razorback
Mensch, razorback und Surja, behauptet bitte nicht, Ihr wäret noch nie in so einer Situation gewesen: zerknittert, betrunken, wollt undbedingt Sex und grabt die Frau des Augenblicks ungeschickt an.
Ähm - nein. Wenn ich betrunken bin, bin ich völlig unforsch. Aber das nur am Rande

.
Ich möchte noch einmal karstellen:
1.) Der Typ ist mir zu ölig.
2.) Wenn Hieranonymus Öligtum (zu dem viele Männer - ich auch - zuzeiten neigen) darstellen wollte, ist ihm das absolut gelungen und das Gedicht ein Erfolg. Ich habe bloss durch Titel, Inhalt und Zeitpunkt des Gedichts (morgens, nach offenbar erfolgreicher Grabarbeit am Abend zuvor) den Verdacht, das soll so ein romantischer Ammorgendanachtext sein. Den fände ich dann nicht so gelungen.