B wie Brigitte
Verfasst: 17.10.2002, 09:57
B wie Brigitte
Du, über Dich zu schreiben, ist schwer. Eigentlich stehst Du am Ende meines bisherigen Weges und doch bist Du der Anfang, bist die Erste, welche die zweifelhafte Ehre hat, die Betrachtung des Reigens derer, die mein Leben mit mir geteilt haben, zu eröffnen.
Warum gerade Du?
Du bist eine der beiden Frauen, die mir zur Seite stehen, mich täglich begleiten und über die meine Worte nicht in der Vergangenheit geschrieben werden müssen. Du bist allgegenwärtig, einmal mehr, einmal weniger, aber Du bist da, es gibt Dich und durch Dich kann ich täglich das Gefühl geniessen, geliebt zu werden.
Der leere Chatroom, ein Alptraum solange, solange er leer ist. Doch dann, Dein Name erscheint und aus dem baerwurz wird der Bär, warum, wieso, einfach nur aus der Bequemlichkeit heraus, drei Buchstaben tippen sich eben leichter als ein ganzes Wort, und so beginnt sich im Lauf der Monate die virtuelle Identität zu ändern, weil Du und all die anderen Freunde, aus mir das machen, was ihr sehen wollt. Also bin ich dann für Dich der Bär, Du sprichst mich an, es knistert, lacht und weint, als kämen aus Monitor und Tastatur Emotionen, Überein- und Zustimmung.
Täglich sehe ich Dich, täglich lese ich Dich, Deine Buchstaben werden zu einem vertrauten Bild. Wenn Du nicht da bist, wird der Abend zu einem bangen Warten, kommst Du oder doch nicht, was mag sein, was ist passiert, Ungeduld und Sorge, doch eigentlich kenne ich Dich ja überhaupt nicht.
Langsam nähern wir uns virtuell, der erste Cyberkuss, die erste Cyberumarmung, alles was an realen Streicheleinheiten zur Verfügung steht wird umgesetzt in virtuelle Liebesbezeugung. Der Wunsch Dich zu sehen, Dich in den Arm zu nehmen, Dich zu lieben, gräbt sich langsam tief und tiefer in Gehirn und Herz, wie ein fauler Wurm in einen Apfel, beginnt den Tag zu vergiften, der morgens schon unausgegoren beginnt, weil ich nicht bei Dir sein kann, weil das Warten bis zum Abend immer länger wird. Erst der abendliche Onlineeinstieg bringt eine leichte Beruhigung, sobald Du da bist, fällt der Stein vom Herzen, der den ganzen Tag zu einem unheimlichen Felsbrocken angewachsen war.
Wie siehst Du aus? Erzähle! Schicke mir ein Bild! Ich will mehr von Dir wissen! Ja, natürlich, mein Foto ist schon in einem Mail unterwegs. Gefalle ich Dir? Eigentlich ist es völlig gleichgültig, wie wir aussehen. Es ist ja nur eine virtuelle Romanze, nichts Ernstes, ein kalkulierbarer Flirt, immerhin bin ich verheiratet und habe zwei zauberhafte Töchter, da kann ich einfach nicht mehr riskieren. Wo wohnst Du?
Es ist doch gar nicht so schwer. Einfach am Abend in die Bahn setzen und am Morgen bin ich bei Dir! Es wäre doch interessant, nur mal so zum Kennenlernen, dieses eine Wochenende, was soll's und am Abend zurück und schon bin ich wieder daheim. Du! Bist du zu Hause? Buch' mir doch mal ein Hotelzimmer, ich rutsche vorbei, möchte Dich realisieren! Oh, Du fragst mich, wozu ein Hotelzimmer? Die Bärenhöhle ist bereit! Na dann, kräftig geschluckt und durch durch die Wand. Ja, ich komme!
Nein, dreizehn Stunden in der Bahn halte ich nicht aus. Da komme ich doch um vor lauter Nervosität. Ich fliege! Hol' mich ab, ich bin unterwegs! Die Stewardess würde mir normalerweise als Opfer dienen. Hübsch! Zweifelsohne! Aber mein Kopf ist bei Dir, mein Pulsschlag der eines pubertierenden Knaben, der den ersten Kuss vor sich hat, mein fragendes Ich wird von quälender Ungewissheit zerfressen, denn in dieser Form bin ich noch niemandem näher gekommen.
Landung. Der Terminal-Bus wartet. Es regnet und die Glasscheiben des Flughafengebäudes verwischen alles, was das Auge sehen möchte. Und dann Exit, raus, und Du! Ich habe dich sofort erkannt, nein, Du siehst völlig anders aus, aber ich habe keine Zeit, Dich zu betrachten, ich will Dich in den Arm nehmen, küssen und erst danach, lange danach, als wir schon im Autobus zu dir sitzen, fange ich verstohlen an, Dich zu mustern. Und wieder der Gedanke, ist doch eigentlich völlig egal, wie Du aussiehst, was uns verbindet haben wir in wochenlangen Chatgesprächen erkannt. Das Schlagwort von der Inneren Schönheit bekommt plötzlich seine Bedeutung, denn wir sind beide keine Idealbilder griechischer Skulpturen, keine jugendlichen Götter, sondern vom Schicksal gezeichnete Durchschnittsmenschen, denen nur eines ins Gesicht geschrieben steht: Schön, daß Du da bist.
Die Tage vergehen zu schnell, die Nächte noch viel schneller. Der Zeitpunkt der Abreise kommt. Wir werden uns wiedersehen. Dennoch, mach schnell! Geh! Sonst siehst Du, wie ich heule! Ich hasse Abschiede, wobei der Flughafen noch die leichtere Version ist, denn du kannst nicht mit mir gemeinsam warten, ich bin weg, hinein ins Flugzeug und schon hat mich der Alltag wieder und gibt mir keine Zeit, zu denken.
Wie oft haben wir uns nun schon gefunden, getrennt, gefunden, getrennt? Wie oft habe ich Bahnhöfe betreten, die einmal strahlend hell und voller Vorfreude scheinen und dann wieder düster, grau und verzweifelt, weil ich Dich verlassen mußte? Wie oft werde ich diese Gefühle von Kommen und Gehen noch über mich hereinbrechen lassen? Mit jeder neuen Fahrt zu Dir regt sich das Gewissen weniger, mit jedem Tag, an dem ich Dich treffe, wirst Du mehr und mehr zur Selbstverständlichkeit, gehörst Du mehr zu mir.
Es ist schwerer, als gedacht. Bei jedem Handgriff, mit jedem Gedanken, mit jeder Tat, die ich setze, habe ich nicht mehr nur an meine Familie zu denken, nein, jetzt frage ich mich zusätzlich, was würdest Du dazu sagen, wie würdest Du entscheiden, hat es eine Auswirkung auf unsere Liebe? Du bist zum alltäglichen Bestandteil meines Lebens geworden, zu einer fixen Größe, das Einzige, was uns trennt, sind zehn Stunden Bahnfahrt und unsere anderen Leben.
Und erneut beginnt das Zählen! Acht Wochen, sieben, sechs, nächsten Monat bin ich wieder bei Dir, und jetzt nur mehr eine Woche, übermorgen! Und wieder der Bahnhof, Morgengrauen, und dann stehst du da, wir umarmen und küssen uns, kehren heim in unsere Bärenhöhle, sind glücklich, immer, meistens, manchmal, bis es wieder so weit ist, Abschied zu nehmen, bis morgen Abend, wir sehen uns im Chat!
Anmerkung: Dieser Text ist ein entschärfter Ausschnitt aus der ersten Version meines Manuskriptes "Bärenliebe von A-Z", dass im November auf den Markt kommen soll. Mehr dazu gibt es auf meiner Homepage
)
Du, über Dich zu schreiben, ist schwer. Eigentlich stehst Du am Ende meines bisherigen Weges und doch bist Du der Anfang, bist die Erste, welche die zweifelhafte Ehre hat, die Betrachtung des Reigens derer, die mein Leben mit mir geteilt haben, zu eröffnen.
Warum gerade Du?
Du bist eine der beiden Frauen, die mir zur Seite stehen, mich täglich begleiten und über die meine Worte nicht in der Vergangenheit geschrieben werden müssen. Du bist allgegenwärtig, einmal mehr, einmal weniger, aber Du bist da, es gibt Dich und durch Dich kann ich täglich das Gefühl geniessen, geliebt zu werden.
Der leere Chatroom, ein Alptraum solange, solange er leer ist. Doch dann, Dein Name erscheint und aus dem baerwurz wird der Bär, warum, wieso, einfach nur aus der Bequemlichkeit heraus, drei Buchstaben tippen sich eben leichter als ein ganzes Wort, und so beginnt sich im Lauf der Monate die virtuelle Identität zu ändern, weil Du und all die anderen Freunde, aus mir das machen, was ihr sehen wollt. Also bin ich dann für Dich der Bär, Du sprichst mich an, es knistert, lacht und weint, als kämen aus Monitor und Tastatur Emotionen, Überein- und Zustimmung.
Täglich sehe ich Dich, täglich lese ich Dich, Deine Buchstaben werden zu einem vertrauten Bild. Wenn Du nicht da bist, wird der Abend zu einem bangen Warten, kommst Du oder doch nicht, was mag sein, was ist passiert, Ungeduld und Sorge, doch eigentlich kenne ich Dich ja überhaupt nicht.
Langsam nähern wir uns virtuell, der erste Cyberkuss, die erste Cyberumarmung, alles was an realen Streicheleinheiten zur Verfügung steht wird umgesetzt in virtuelle Liebesbezeugung. Der Wunsch Dich zu sehen, Dich in den Arm zu nehmen, Dich zu lieben, gräbt sich langsam tief und tiefer in Gehirn und Herz, wie ein fauler Wurm in einen Apfel, beginnt den Tag zu vergiften, der morgens schon unausgegoren beginnt, weil ich nicht bei Dir sein kann, weil das Warten bis zum Abend immer länger wird. Erst der abendliche Onlineeinstieg bringt eine leichte Beruhigung, sobald Du da bist, fällt der Stein vom Herzen, der den ganzen Tag zu einem unheimlichen Felsbrocken angewachsen war.
Wie siehst Du aus? Erzähle! Schicke mir ein Bild! Ich will mehr von Dir wissen! Ja, natürlich, mein Foto ist schon in einem Mail unterwegs. Gefalle ich Dir? Eigentlich ist es völlig gleichgültig, wie wir aussehen. Es ist ja nur eine virtuelle Romanze, nichts Ernstes, ein kalkulierbarer Flirt, immerhin bin ich verheiratet und habe zwei zauberhafte Töchter, da kann ich einfach nicht mehr riskieren. Wo wohnst Du?
Es ist doch gar nicht so schwer. Einfach am Abend in die Bahn setzen und am Morgen bin ich bei Dir! Es wäre doch interessant, nur mal so zum Kennenlernen, dieses eine Wochenende, was soll's und am Abend zurück und schon bin ich wieder daheim. Du! Bist du zu Hause? Buch' mir doch mal ein Hotelzimmer, ich rutsche vorbei, möchte Dich realisieren! Oh, Du fragst mich, wozu ein Hotelzimmer? Die Bärenhöhle ist bereit! Na dann, kräftig geschluckt und durch durch die Wand. Ja, ich komme!
Nein, dreizehn Stunden in der Bahn halte ich nicht aus. Da komme ich doch um vor lauter Nervosität. Ich fliege! Hol' mich ab, ich bin unterwegs! Die Stewardess würde mir normalerweise als Opfer dienen. Hübsch! Zweifelsohne! Aber mein Kopf ist bei Dir, mein Pulsschlag der eines pubertierenden Knaben, der den ersten Kuss vor sich hat, mein fragendes Ich wird von quälender Ungewissheit zerfressen, denn in dieser Form bin ich noch niemandem näher gekommen.
Landung. Der Terminal-Bus wartet. Es regnet und die Glasscheiben des Flughafengebäudes verwischen alles, was das Auge sehen möchte. Und dann Exit, raus, und Du! Ich habe dich sofort erkannt, nein, Du siehst völlig anders aus, aber ich habe keine Zeit, Dich zu betrachten, ich will Dich in den Arm nehmen, küssen und erst danach, lange danach, als wir schon im Autobus zu dir sitzen, fange ich verstohlen an, Dich zu mustern. Und wieder der Gedanke, ist doch eigentlich völlig egal, wie Du aussiehst, was uns verbindet haben wir in wochenlangen Chatgesprächen erkannt. Das Schlagwort von der Inneren Schönheit bekommt plötzlich seine Bedeutung, denn wir sind beide keine Idealbilder griechischer Skulpturen, keine jugendlichen Götter, sondern vom Schicksal gezeichnete Durchschnittsmenschen, denen nur eines ins Gesicht geschrieben steht: Schön, daß Du da bist.
Die Tage vergehen zu schnell, die Nächte noch viel schneller. Der Zeitpunkt der Abreise kommt. Wir werden uns wiedersehen. Dennoch, mach schnell! Geh! Sonst siehst Du, wie ich heule! Ich hasse Abschiede, wobei der Flughafen noch die leichtere Version ist, denn du kannst nicht mit mir gemeinsam warten, ich bin weg, hinein ins Flugzeug und schon hat mich der Alltag wieder und gibt mir keine Zeit, zu denken.
Wie oft haben wir uns nun schon gefunden, getrennt, gefunden, getrennt? Wie oft habe ich Bahnhöfe betreten, die einmal strahlend hell und voller Vorfreude scheinen und dann wieder düster, grau und verzweifelt, weil ich Dich verlassen mußte? Wie oft werde ich diese Gefühle von Kommen und Gehen noch über mich hereinbrechen lassen? Mit jeder neuen Fahrt zu Dir regt sich das Gewissen weniger, mit jedem Tag, an dem ich Dich treffe, wirst Du mehr und mehr zur Selbstverständlichkeit, gehörst Du mehr zu mir.
Es ist schwerer, als gedacht. Bei jedem Handgriff, mit jedem Gedanken, mit jeder Tat, die ich setze, habe ich nicht mehr nur an meine Familie zu denken, nein, jetzt frage ich mich zusätzlich, was würdest Du dazu sagen, wie würdest Du entscheiden, hat es eine Auswirkung auf unsere Liebe? Du bist zum alltäglichen Bestandteil meines Lebens geworden, zu einer fixen Größe, das Einzige, was uns trennt, sind zehn Stunden Bahnfahrt und unsere anderen Leben.
Und erneut beginnt das Zählen! Acht Wochen, sieben, sechs, nächsten Monat bin ich wieder bei Dir, und jetzt nur mehr eine Woche, übermorgen! Und wieder der Bahnhof, Morgengrauen, und dann stehst du da, wir umarmen und küssen uns, kehren heim in unsere Bärenhöhle, sind glücklich, immer, meistens, manchmal, bis es wieder so weit ist, Abschied zu nehmen, bis morgen Abend, wir sehen uns im Chat!
Anmerkung: Dieser Text ist ein entschärfter Ausschnitt aus der ersten Version meines Manuskriptes "Bärenliebe von A-Z", dass im November auf den Markt kommen soll. Mehr dazu gibt es auf meiner Homepage