*Lichter*
Verfasst: 07.09.2003, 00:39
Große runde Augen, die von Müdigkeit und Verzweiflung erzählen, prägen das Gesicht der blonden jungen Frau, die mit Mann und Kind von Schleppern in den polnischen Grenzwäldern nahe der deutschen Grenze ihrem Schicksal überlassen worden ist - ein Schicksal, das die Wärme polnischer 24hours-per-day-Imbissbuden für sie bereit hält, wenigstens so lange, bis der Patron die kleine Familie nach dem fünften konsumierten Glas Wasser zum Gehen auffordern wird.
Das Baby auf dem Arm ist auffallend still und das Kinopublikum wird selten Gelegenheit haben, es quengeln zu hören, es scheint, als wüsste selbst dieser ahnungslose kleine Mensch bereits, was es heisst, seine Heimat gegen die Ungewissheit einzutauschen, weil keine Hoffnung mehr geblieben zu sein scheint.
Die Oder als Schicksalsfluss, der die Flucht ins gelobte Deutsch-Land ermöglichen möge, hüben das polnische Slubice, drüben das trist und herunter gekommen wirkende Frankfurt. Den bräunlichen Wellen gleich hat sie die Flüchtlinge angespült, mit jenem Zähne zusammen beissenden Willen ausgestattet, der sie zuletzt am Potsdamer Platz wird ankommen lassen, oder doch nur als Schubhäftling oder auch Wasserleiche in den Händen des deutschen Grenzschutzes.
Es scheint ohnedies nicht viel Unterschied zu machen - abgesehen von den bad news in den Abendnachrichten, doch ein wenig Krisen-PR wird auch hier das ihre tun...
Diesseits und jenseits sind Schmids Charaktere - Flüchtlinge, Anrainer und Glücksritter - verbunden durch den Glauben an das Machbare, an die eine Chance, das Unaufhaltsame abzuändern oder wenigstens ein klein wenig persönliches Glück davorzuschieben:
Philipp, der aufstrebende Jungarchitekt, der seine alte Liebe in Verhältnissen wiederfindet, die ihn von den Glasfassaden des Reißbretts auf den harten Boden der Realität zurückholen werden...
Der Taxifahrer Antoni (dargestellt von Zbigniew Zamachowski, dessen schauspielerische Ausdrucksstärke ich äußerst wohltuend aus Kieslowskis DREI FARBEN WEISS in Erinnerung behalten habe), der zwischen halbfertigem Neubau und Nachtschicht pendelnd selbst im chronischen Übermüdungszustand nur den einen Wunsch hat: seiner Tochter das teuerste Erstkommunionskleid in der Boutique kaufen zu können...
Sonja, die für den deutschen Grenzschutz dolmetscht und angesichts dieses einen tragischen Falls das fragt, was sich im Kinosaal längst ebenfalls formuliert hat - das "Warum?" - und aus der fehlenden Antwort die trotzige Stärke gewinnt, denen da oben eins auszuwischen, mit Alltagsmut und dem zuletzt doch wieder enttäuschten Glauben an das Gute in den Menschen...
Hans Christian Schmid fühlt den Träumen und Ängsten seiner Charaktere mit Liebe und Demut nach, niemals scheint er zu werten, immer wieder aufs neue gelingt es ihm, Liebeswertes, Verrücktes, schlichtweg Menschliches vor die Kamera zu bringen, ohne dass eine gefühlsselige Rührstunde für Gutmenschen daraus würde.
Ein Film, der lange nach dem Abspann noch Töne und Zwischentöne für Herz und Hirn bereithalten wird - ein absolutes Kino-Muss dieses Jahres.
Das Baby auf dem Arm ist auffallend still und das Kinopublikum wird selten Gelegenheit haben, es quengeln zu hören, es scheint, als wüsste selbst dieser ahnungslose kleine Mensch bereits, was es heisst, seine Heimat gegen die Ungewissheit einzutauschen, weil keine Hoffnung mehr geblieben zu sein scheint.
Die Oder als Schicksalsfluss, der die Flucht ins gelobte Deutsch-Land ermöglichen möge, hüben das polnische Slubice, drüben das trist und herunter gekommen wirkende Frankfurt. Den bräunlichen Wellen gleich hat sie die Flüchtlinge angespült, mit jenem Zähne zusammen beissenden Willen ausgestattet, der sie zuletzt am Potsdamer Platz wird ankommen lassen, oder doch nur als Schubhäftling oder auch Wasserleiche in den Händen des deutschen Grenzschutzes.
Es scheint ohnedies nicht viel Unterschied zu machen - abgesehen von den bad news in den Abendnachrichten, doch ein wenig Krisen-PR wird auch hier das ihre tun...
Diesseits und jenseits sind Schmids Charaktere - Flüchtlinge, Anrainer und Glücksritter - verbunden durch den Glauben an das Machbare, an die eine Chance, das Unaufhaltsame abzuändern oder wenigstens ein klein wenig persönliches Glück davorzuschieben:
Philipp, der aufstrebende Jungarchitekt, der seine alte Liebe in Verhältnissen wiederfindet, die ihn von den Glasfassaden des Reißbretts auf den harten Boden der Realität zurückholen werden...
Der Taxifahrer Antoni (dargestellt von Zbigniew Zamachowski, dessen schauspielerische Ausdrucksstärke ich äußerst wohltuend aus Kieslowskis DREI FARBEN WEISS in Erinnerung behalten habe), der zwischen halbfertigem Neubau und Nachtschicht pendelnd selbst im chronischen Übermüdungszustand nur den einen Wunsch hat: seiner Tochter das teuerste Erstkommunionskleid in der Boutique kaufen zu können...
Sonja, die für den deutschen Grenzschutz dolmetscht und angesichts dieses einen tragischen Falls das fragt, was sich im Kinosaal längst ebenfalls formuliert hat - das "Warum?" - und aus der fehlenden Antwort die trotzige Stärke gewinnt, denen da oben eins auszuwischen, mit Alltagsmut und dem zuletzt doch wieder enttäuschten Glauben an das Gute in den Menschen...
Hans Christian Schmid fühlt den Träumen und Ängsten seiner Charaktere mit Liebe und Demut nach, niemals scheint er zu werten, immer wieder aufs neue gelingt es ihm, Liebeswertes, Verrücktes, schlichtweg Menschliches vor die Kamera zu bringen, ohne dass eine gefühlsselige Rührstunde für Gutmenschen daraus würde.
Ein Film, der lange nach dem Abspann noch Töne und Zwischentöne für Herz und Hirn bereithalten wird - ein absolutes Kino-Muss dieses Jahres.