Trigonometrie

Du schreibst Gedichte? Laß sie nicht in einer Schublade verschimmeln! Menschenbeifall wirst Du hier finden, aber auch Kritik und Rat.
charis
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Trigonometrie

Beitragvon charis » 19.03.2005, 22:18

Wenn du am Ausgang stehst
(und dein Blick ist ein Metermaß)
dein Oberkörper nach vorn geneigt
hin zu mir, und doch weit, dann
liegen wir in einer schiefen Ebene
und die Münder, die könnten... vielleicht...
einander berühren – Tangenten gleich.

Doch was zwischen uns liegt
(ach... könnten wir es berechnen!)
spannt Katheten, die uns nach unten zieh’n.
Wir beeilten uns, sie zu vermessen,
und hofften, die Hypothenuse
von deinem zu meinem Herzen,
die ließe sich doch wieder sehen.

Spiderman
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Re: Trigonometrie

Beitragvon Spiderman » 20.03.2005, 11:48

Hi charis,

das nenne ich ein gelungenes lyrisches Comeback. Allerdings hoffe ich, dass keine private Entfremdung Dir Anlaß zu diesem Gedicht gegeben hat. Das Gedicht klingt ein bissl resigniert, irgendwas ist verschwunden und eigentlich weiß keiner wohin. Der Versuch, mit Geometrie wieder zueinander zu finden, wirkt da recht hilflos. Vieles bleibt im Konjunktiv enttäuschter Hoffnung.

In seiner Klarheit und Konsequenz ein sehr gelungenes Gedicht!

Liebe Grüße

Spiderman
Die nette Lyrik-Spinne von nebenan!

Silentium
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Re: Trigonometrie

Beitragvon Silentium » 20.03.2005, 11:50

Melde höflichst, schließe mich der Spinne an. Wunderschönes Gedicht.
I would go to the Dark Side in a heartbeat if I thought they had better dialog over there.
- Ursula Vernon

charis
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Re: Trigonometrie

Beitragvon charis » 22.03.2005, 01:42

freut mich!
schreibt mir ja nix von comeback.
das... das klingt nach der verpflichtung, was nachzureichen... 8-o

und @ persönlicher background.
ja UND nein. es gab schon eine persönliche situation/konstellation, die mir anlass zu diesem gedicht gegeben hat. aber das gedicht ist weiter entwickelt, in eine (pessimistisch-desillusionierte) richtung verfremdet.
danke der nachfrage - fand ich ur lieb :-)

Kato
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Re: Trigonometrie

Beitragvon Kato » 24.03.2005, 20:33

Hallo charis,

ja, ich mag diesen Text auch sehr - mal "andere" Methaphern, dabei
unverkrampft in Worte gefasst; das auf ewig "Unbeweisbare" eingebettet in das ewig "Beweisbare"...

Zwei Dinge nur.
Was die Grammatik angeht, bin ich (manchmal) etwas kleinlich ;o):
da die dritte Zeile in einem direkten Bezug zur ersten steht, müsste es meinens Erachtens "deinen Kopf" heißen.

In der zweiten Strophe wechselst du urplötzlich von der Gegenwartsform in die der Vergangenheit (beeilten uns, hofften) - warum?


LG, Kato

charis
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Re: Trigonometrie

Beitragvon charis » 31.03.2005, 10:16

hallo kato,

"deinen kopf" - da meinst du "deinen oberkörper" oder? hm, du hast recht...

die vergangenheit:
tja, ich weiß auch nicht so genau...
ich glaub ich wollt damit aussagen, dass das alles schon länger so ist, wie es ist, und dass es da schon länger bemühungen gab (beeilten uns, zu vermessen...), und das der gegenwartsteil (und dessen erkenntnisse) also erst später passiert als diese versuche... aber wahrscheinlich geht das so ganz nicht auf... ich werde da noch drüber nachdenken...

danke für den hinweis!

lg charis


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